— 151 —
der als objektives Moment leicht zu fassen, muß doch in viel
höherem Maße von dem rechtlich schwierigeren Begriff der zivil-
rechtlichen Schuld gelten. Grade für diese Feststellungen
der zivilrechtlichen Schuld und Fehle, der Fahrlässigkeit in
ihren weitverzweigtesten Graden ist das Gebot der benigna in-
terpretatio am Platze, grade diese wäre vom Reichsgericht am
sorgfältigsten zu überwachen, wenn nicht — bei völliger Ver-
kennung des Begriff des Fehlers — die Annahme Wurzel fassen
soll, jeder Fehler sei unverzeihlich®.
Für die Argumentation nun, daß der sanguinischen Be-
grüßung des 1. Januar 1900 für unsere Frage der Syndikats-
klagen gegen Richter eine rechtsgeschichtliche Skepsis entgegen-
gesetzt werden darf, bieten sich zwei Gesichtspunkte, die, so
sehr sie einander auch berühren mögen, sich doch dadurch unter-
scheiden, dab aus dem einen das fast höchste Ideal, ein unab-
hängiger geistigfreier Richterstand, zu erörtern, während der
andere die Ranken des Materialismus zur Darstellung zu bringen hat.
I. Wie zu allen Zeiten die Nationen in Abweichung von
der Beurteilung anderer Beamten ® für die Ausübung der Rechts-
pflege nach Normen gesucht haben, so war es auch in der Ein-
richtung des Richteramts selbst begründet, daß vertretbare Fehler
der Richter nach anderen Normen beurteilt wurden, wie die Fehler
anderer Beamtenkategorien und es war, wie bereits eingangs er-
wähnt, leicht erklärlich, daß grade in und aus dieser Beur-
teilung, in der Beurteilung von Beamten, deren nur dem Gesetz
unterworfene Tätigkeit unausgesetzt die Lösung von Streit und
Zweifel zum Gegenstand hat, eine Rechtsunsicherheit entstand,
die den Richter selbst lähmte.
22 LEssına-Briefe antiquarischen Inhalts. 1 Teil 1 Brief.
23 Die extraordinariae cognitiones des interessanten Pandektentitels XII
tib. 50 werden sogar den professores iuris aus einem anderen Gesichts-
punkte gewährt als in lex 6 des Titels den judices.