— 158 —
und als schulgerecht bezeichnet werden dürfe, die in dem engen
Rahmen des von der Doktrin gemalten Rechtsbildes als schul-
und pflichtwidrig gilt.
So gewiß der von SCHEELE a. a. OÖ. vertretene Satz wahr
ist, daß bekanntlich zwei Personen trotz der grössten Auf-
merksamkeit und der umfangreichsten Kenntnisse
dasselbe Gesetz verschieden interpretieren ?*, und so überzeugend
— cum grano salis — die einer vorzüglichen Schrift BÜLows
entnommene Natire sein mag?”,
daß dem Recht außer Schwert und Wage noch ein drittes,
ein wächsernes Symbol anzuheften ;
so gewiß ist es, daß wenn der Grundbuchrichter durch die
Klippen der Praxis seinen Kurs nach den Leuchtfeuern „be-
achtenswerter Stellen“ nehmen soll, eine Deviation des Kom-
passes sich nicht wird vermeiden lassen.
Nachdem die Zahl der Theoretiker und Praktiker, die das
(tesetz des konkreten Falles — die die „Idee der Gerechtigkeit“
vermittelnde Natur der Sache zur Geltung bringen wollen, er-
kennbar eine grössere geworden, nachdem das Bürgerliche Ge-
setzbuch in höherem Masse wie das Preuß. Landrecht die Be-
griffe von Billigkeit, der Sitte, von Treu und Glauben zu posi-
tiven Normen erhoben hat, und nachdem insbesondere den Kom-
mentaren das oft reklamemäßig beleuchtete Verdienst, daß der
betreffende Kommentar „jeden nur denkbaren Rechtsfall
entscheide“, abgesprochen, glauben wir gerade für Grundbuch-
sachen den Wert des Prädikats „beachtenswert“ durch Beı-
spiele aus Theorie und Praxis erläutern zu können.
Beachtenswert ist es gewiß, was ein hochbedeutender
2° In einer Grundbuchsache hatten die 3 Instanzen einen Eintragungs-
antrag für unstatthaft erklärt, jede aus verschiedenem Grunde; das Land-
gericht mißbilligte die Begründung des Amtsgerichts, das Kammergericht
erklärte die Gründe des Landgerichts für unhaltbar.
?? BULOWw, Prof., Gesetz und Richteramt. Leipzig, Duncker u. Humblot
1885,