— 170 —
anzuerkennen, vielmehr verpflichtet, den Prozeß durch die An-
wälte des Versicherungsvereins führen zu lassen. Daß hier-
bei rechtlich sehr bedenkliche Zustände sich heraus-
bilden, wird der zugeben, der die Erinnerung an die praktische
Geltung des seit 1884 für fast obsolet?’ zu erachtenden Reichs-
haftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 und seine Judikatur zu-
rückruft, jene Zustände der Rechtlosigkeit, unter denen mit den
besseren Mitteln des Vermögens die Versicherungsgesell-
schaft, nicht der haftpflichtige Unternehmer, die
Klage des im Armenrecht klagenden Verletzten selbst dann mit
Erfolg bekämpfte, wenn der Unternehmer selbst sachgemäß den
Klagegrund anerkannt hatte; jetzt sollen wir nun ähnlich sehen,
wie in ungesund beschaulicher Ruhe ein versicherter Richter den
Fiskus durch dessen Syndikus Prozeß und Urteil gegen sich
führen und ergehen läßt und wie — die Praxis bringt Ueber-
raschungen genug —- Parteieneide einer Partei, die doch nur den
Namen hergibt, auferlegt werden.
Wir mißbilligen hiernach die Versicherungsverträge, da sie
systematisch unter die „Glücksverträge“ fallen. Die Unterstützung
der bezüglichen Bestrebungen durch einen „Rheinisch-Deutschen
Amtsrichterverein“ — dessen Satzungen wir nicht kennen, hat
wohl nur insofern Interesse, als man — unseres Wissens zum
erstenmal — hier einer Koalition preußischer Richter begegnet,
die hinsichtlich ihrer Berechtigung gewiß dann nicht zweifelsfrei
ist, wenn der Verein sich zur Aufgabe macht, eine fest einge-
nommene Stellung der Regierung in der Presse, durch Petitionen
und Resolutionen anzugreifen. Bekanntlich sind solche Freiheiten
von der Regierung neuerlich nachdrücklich bestritten worden.
Andererseits ist die Grenze schwer zu ziehen zwischen Vereinen
die mit gesetzlichen Mitteln eine kraftvolle Standesvertre-
tung fordern und ähnlichen Vereinen, die objektiv mehr scheinen
als sie in Wirklichkeit sind. Nehmen derartige Amtsrichter-
3» 9 95 Unfall-Vers.-Gesetz.