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erfahren hätte, was die Praxis braucht, wenn er nicht — und damit nähern
wir uns dem Verdienst des Verfassers — vom heißen Streben erfüllt gewesen
wäre, die tödliche Mühe des Suchens und Nachschlagens nach tausenden
von feststehenden Rechtssätzen der Praxis, eine Mühe, die er als das quä-
lende Verhängnis des Rechtsstaates an sich erlebte, andren zu ersparen.
So müssen wir es erfahren, daß der aus der genialen Phantasie und
der kühnen Tat unsrer Vorfahren erstandene Rechtsstaat schon unsrer Gene-
ration zur Mühsal geworden ist. Aber nur dem Unkundigen ist diese Müh-
sal eine lahme und unproduktive Arbeit. Dem Kenner bedeutet sie einen
Weg zur Höhe und zum freien Blick ins öffentliche Leben. Die bayerische
Verwaltungspraxis hat dem Verfasser nicht weniger zu danken als eine
solide Brücke über den Abgrund der Verwirrung, — allerdings nur eine,
nicht die einzige Brücke Es ist nur der Verwaltungsjurist, nicht
der Verwaltungsbeamte, der mit diesem Buche sich im eigentlichen Ge- '
biet seines Wirkens gefördert findet. Nur die Uebung des Verwal-
tungsrechts, nicht der Geist der Verwaltung ist in dieses
Kommentarlexikon gebannt.
Das Buch ist ein Lexikon der Rechtssprüche, angelegt nach der ka-
suistischen Methode der Kommentatoren. Es waltet innerhalb der großen
alphabetisch geordneten Abschnitte eine gute Systematik. Das diskursive
Denken fließt verschwiegen zwischen den abgerissenen Spruchsätzen hin-
durch und bleibt vielfach dem Leser überlassen.
Treftlich ist in den Einleitungsworten S. X der Hinweis auf das Gegen-
seitigkeitsverhältnis zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht und auf die Zu-
fälligkeit der Zuständigkeitserledigung zwischen diesen Gebieten.
Für den wünschenswerten Ausgleich zwischen den beiden sich oftmals
widerstreitenden großen Richtungen unsres Verwaltungsrechtes, der posi-
tiven und der politischen, bedeutet FiscHEers Buch insofern einen Fort-
schritt, als die erstere in demselben in einer besonders reinen und unge-
wöhnlich anschaulichen Weise zu Wort kommt. Hier ist Einseitigkeit för-
dernd, weil sie eine unvermeidliche Last durch die gebotenen Hilfen trag-
barer macht. Hier tötet der Buchstabe nicht, weil er vom kritischen Ur-
teil unaufdringlich und besonnen durchgeistigt ist. Nicht ohne Grund hat
FISCHER sich KARL BRATERs großes lexikographisches Werk zur Richt-
schnur genommen. Die Stoffbewältigung ist bei FISCHER eine noch um-
fassendere. Ein wohl schwer vermeidlicher, durch den raschen Fluß der
Verwaltungsgesetzgebung hinreichend erklärter Schönheitsfehler ist an
FISCHERsS Werk die Zweiteilung des Stoffs innerhalb der systematischen
Anordnung. Die Zuverlässigkeit der Zitate ist von mir durch eine große
Anzahl von Stichproben nachgeprüft worden und verdient volle Anerken-
nung. Möchte nur der Verwaltungsjurist seine Aufgabe in der rein kasu-
istischen Methode der Rechtspflege nicht schon erfüllt sehen. Auch ihm
kann ja das Studium der wissenschaftlichen Konımentare allein nicht ge-