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eine staatliche Verwaltung aus örtlichem Kirchenvermögen be-
deute und erfordere. Oder ist die praktische Weisheit des Ge-
setzgebers erst nach der Verfassungsurkunde erstanden? Etwa
um sich über dieselbe hinwegzusetzen ?
MEURER hätte übrigens seinen Irrtum schon daran erkennen
können, daß im Religionsedikt von 1809 $ 85 die Verwaltung
des Kirchenvermögens vom Staat als ein Gegenstand besondrer
rechtlicher Disposition erkannt und behandelt war, indem der
Staat damals jene Verwaltung an sich zog. Um so auffälliger
ist MEURERSs Irrtum, weil er ganz richtig erkannt hat, daß der
(resetzgeber von 1818 im $ 75 des Religionsedikts mit Vorbedacht
die im Religionsedikt hinsichtlich dieser Verwaltung betretenen
Wege verließ. Von dieser Erkenntnis bis zu der weiteren, daß
der Geber des Religionsedikts von 1818 in der Behandlung der
kirchlichen Angelegenheiten auf einem durch das inzwischen lie-
sende Konkordat und noch manches andere wesentlich verän-
derten Standpunkt steht, dringt aber MEURER nicht vor. Er be-
denktnicht, daß der Gesetzgeber von 1818 im allgemeinen bestrebt ist,
dieHand des Staates soweit als nurirgend möglich
vondenkirchlichen Angelegenheiten zurückzu-
ziehen und die Glaubensgesellschaften in
ihrem Bereich tunlichst auf eigene Füße zu stellen.
Wurde schon im Gemeindeedikt von 1818 der Weg dazu auch
für die Vermögensverwaltung gebahnt, indem zunächst die po-
litischen Gemeinden den wesentlichen Teil der örtlichen Kirchen-
vermögensverwaltung überwiesen erhielten, so geht die Verfas-
sung selbst mit ihren Freiheits- und Vermögensgarantien so weit,
daß es äußerst gezwungen wäre, anzunehmen, sie habe das
Recht der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung, welches sie
jedem handlungsfähigen Privaten, jeder bürgerlichen, physischen
und juristischen Person und sogar den Gemeinden eröffnet, nur
eben den öffentlichen Glaubensgesellschaften, die sie sogar aus-
drücklich mit öffentlichen Korporationsrechten betraut, vorent-