recht im engeren Sinne identisch zu sein, so muß für den Be-
griff des Wahlzensus notwendig die eine oder andere Art der
Wahlrechtsschranken ausscheiden. Welche Schranken für ihn
aber in Wegfall kommen, ob die positiven oder negativen, läßt
sich a priori nicht mehr weiter bestimmen und nur die Erfahrung,
der historische Begriff, kann uns hierüber näheren Aufschluß
geben.
Tatsächlich scheiden (Griechen und Römer schon die nega-
tiven Schranken vom Begriff des Wahlzensus vollständig aus
und nehmen von den positiven auch nur die Vermögensschranken
als mit diesem identisch an. Die deutsche staatsrechtliche Litera-
tur des 19. Jahrhunderts dagegen teilt sich in zwei Gruppen:
die einen, zu denen MoHL, GNEIST und ROSCHER zählen, nehmen
die positiven Schranken schlechthin als Inbegriff des Wahlzensus
an?, während die anderen, wie DAHLMANN, ROTTECK und GEORG
MEYER nur die Vermögensschranken darunter begriffen wissen
wollen?.
Dabei begeht aber die erstere Richtung gegen den histori-
schen Zensusbegriff denselben Fehler, wenn sie die natürlichen
Schranken nicht ausscheidet, wie die letztere gegen den Geist
der Neuzeit, wenn sie den historischen Begriff knechtisch an-
nimmt: denn sicherlich hätten schon Griechen und Römer, denen
Ja auch die positiven natürlichen Schranken geläufig waren, diese
in ihren Begriff vom Weahlzensus aufgenommen, wenn sie die-
selben hätten darunter auch verstanden wissen wollen. Auf der
anderen Seite wiederum bleibt ein hartnäckiges Festhalten am
griechisch-römischen Zensusbegriff hinter einer Entwicklung von
dritthalbtausend Jahren zurück.
? Vgl. Mour, Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. 'Tüb. 1860 I, 408
—458. GNeEıst, Die Philosophie vom Wahlzensus in „die nationale Rechts-
idee von den Ständen“. Berl. 1894, ROSCHER, Politik. Stuttg. 1892.
° DAHLMANnN, Die Politik. Lpz. 1847, I, 139 ff. RoTTEcK, Staatslexikon,
Lpz. 1859. III, 415 ff. G. MEvER, Das parlamentarische Wahlrecht. Berl. 1901.
13*