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entbrennt der Kampf zwischen dem Liberalisinus im weitesten Sinne
und der Sozialdemokratie, den Bebel in seinem offenen Briefe an
Haußmann vom 7. Okt. 1909 folgendermaßen rechtfertigt: „Wir
verschulden genau so viel an der bürgerlichen Gesellschaft, als das
Bürgertum in seinem Klassenkampfe gegen die feudale Gesellschaft
verschuldete, als es dem Worte des Abbe SIEYES zujubelte: Was
ist der dritte Stand? Nichts! Was sollte er sein? Alles! Mit der
bürgerlichen Ordnung hat aber der menschliche Fortschritt nicht
der Weisheit letzten Schluß erreicht. Hinter dem Bürgertum
erschien eine neue, von ihm selbst geschaffene, aber von ihm
niedergehaltene Klasse, die immer gewaltiger wächst und ihre
Forderungen an die Gesellschaft stellt, die moderne Arbeiter-
klasse, deren politischer Repräsentant die Sozialdemokratie ist.*
Ein Kampf, der sich noch in unseren Tagen abspielt.
Wie wir sehen, ist es gerade dieser bei den wechselnden
sozialen Verhältnissen vage Begriff der „politischen Unfähigkeit“
und der Mißbrauch, den die jeweils mit der politischen Macht
privilegierte Klasse mit dem Wahlzensus trieb, um den sich der
Kampf der politisch Bevormundeten dreht und der die Geschichte
des Wahlzensus überhaupt ausmacht.
Zweiter Abschnitt.
Allgemeiner Teil.
Kapitel 1.
Der Staatsbürgerzensus.
So interessant es auch wäre, alle Etappen der Staatenbildung,
wie sie im „Begriff und Zweck des Wahlzensus“ angedeutet, mit
dem ihnen eigenen Wahlzensusrechte zu untersuchen, so müssen
wır uns doch im folgenden aus praktischen Rücksichten engere
Grenzen ziehen. Die Grundlagen für eine Würdigung des Zen-
susrechtes unserer Tage und einen Ausblick in die Zukunft