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halten. Wohl bestand nach dem Erlaß der Verfassungsurkunde
zunächst noch der Zustand, den das Gemeindeedikt von 1818
geschaffen hatte, fort und hatten darnach die politischen Ge-
meinden ihren staatlichen Auftrag der Vermögensverwaltung
den Glaubensgesellschaften gegenüber zu erfüllen. Aber die
Glaubensgesellschaften hatten nunmehr den durch die Verf.Urk.
begründeten Rechtsanspruch auf Lösung dieses
Verhältnisses. Sie konnten und können jederzeit den An-
spruch, welcher in ihrem Korporationsrechte enthalten ist, gegen
den Staat geltend machen und fordern, daß ihnen die Verwal-
tung ihres eigenen Vermögens zur eigenen Verfügung überlassen
werde.
Hätte die Verfassung das anders gewollt, so hätte sie es
ja in Art. 64 leicht zum Ausdruck bringen können und sie
hätte es, um verstanden zu werden, tun müssen, nachdem sie
einmal die Regel des Korporationsrechtes ausgesprochen hatte.
MEURER sieht die Linie nicht, durch welche die Verfassung
Staat und Kirche schon getrennt hat, er sieht deshalb
auch nicht, daß der Zustand der tatsächlich fortgesetzten staats-
gesetzlichen Bevormundung im diess. Bayern nur deshalb noch
besteht, weil die Glaubensgesellschaften von ihrem verfassungs-
mäßigen Recht auf Selbstverwaltung und Selbstgesetzgebung in
Sachen ihrer Vermögensverwaltung bisher keinen Gebrauch ge-
macht haben. Daher erklärt es sich auch, daß MEURER gegen
meine Behauptung, es sei in der bayer. Verfassungsurkunde
das System der Trennung von Staat und Kirche bereits über-
wiegend durchgeführt, einwenden zu müssen glaubt, es werde
dieser Ansicht nicht wohl jemand die Originalität absprechen
können! Ob indes eine Ansicht originell sei oder nicht, darauf
kommt es m. E. nicht so sehr an wie auf ihre Richtigkeit.
M. sagt gleich nachher (S. 5) „die ganze Unterscheidung
von kirchenvermögensrechtlicher Gesetzgebung und Verwaltung
in den $$ 64, 65, die P. wohl macht, aber dann gar nicht aus-