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Gesellschaft um Gleichberechtigung hatte sich ein neuer, noch
weit stärkerer Faktor im Volksleben gezeigt, der tatsächlich auch
dem industriellen Bürgertum in den Sattel verholfen hatte, dabei
selbst aber mit leeren Händen ausgegangen war, die Masse des
Arbeitervolkes.
Welche Politik nun auch die beiden bevorrechtigten Klassen
verfolgen mochten, ob sie der Kampf gegen das große, um Gleich-
berechtigung schreiende Volk in einer den Interessen der Arbeiter-
schaft stracks entgegenlaufenden Gesetzgebung einte, oder ob eine
der beiden Klassen, im rivalisierenden Kampfe unter sich, das
Arbeitervolk zu Hilfe rief, der praktische Erfolg ist der gleiche
und führt uns notwendig in die zweite Hauptperiode, zum Massen-
zensus, nur daß der Weg ein verschiedener ist, hier die Reforın,
dort die Revolution.
Mit der Entwicklung von Großhandel und Großindustrie
treten wir nämlich in eine neue Periode sozialer Entwick-
lung ein: Die Produktion steigt proportional dem Kapitale,
und da sich das größte Kapital mit dem kleinsten Gewinne be-
gnügen kann, strömen Kapital und Unternehmung in wenige
Hände zusammen. Die Kostspieligkeit der Maschinen und die
Konkurrenzunfähigkeit der Manufaktur führen auch das Miittel-
und Kleingewerbe nach und nach, aber notwendig der Groß-
industrie zu. Dieser aber ist nun infolge der Kapitalkonzentration
freies Spiel in der Lohnbestimmung gelassen, so daß schon
die Lebsucht auch des sparsamsten Arbeiters eine Kapitalbildung
unmöglich macht. Ein Sichaufschwingen in den Mittelstand
und ein Erwerb der politischen Rechte, wie er dem strebsamen
Arbeiter in der letzten Periode des Staatsbürgerzensus noch
möglich war, stellt sich unter solchen Verhältnissen geradezu als
Unding dar. Die Folge davon ist, daß das Arbeitervolk jetzt das
Eigentum überhaupt als der Gesamtheit gehörig betrachtet und
jedes Maß des Besitzes als Grundlage des Wahlzensus abweist
wie die heutige Sozialpolitik überhaupt darauf hinstrebt, das Eigen-