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war dies jedoeh nicht, sondern vielmehr das um jene Zeit in
England ungemein stark auftretende Naturalprästationsverhältnis
mit all’ seinen Konsequenzen: die großen Barone hatten näm-
lich für die Kriege mit Frankreich große Truppenmassen dem Kö-
nig zugeführt, um sie später nach Beendigung in einer Art von
Vasallenverhältnis auf ihren ausgedehnten Besitzungen anzu-
siedeln.. Und eben diese mußten, wollte man nicht den ritter-
schaftlichen Grundbesitz wirtschaftlich und politisch ruinieren
vom Wahlrecht ausgeschlossen werden *®°.
Das Wort „Vadlet“ = kleiner Vasall im Statute selbst beweist
schon zur Evidenz, daß man vornehmlich jene Lehensleute im
Auge hatte*!, ganz abgesehen davon, daß jene Gesetze nur für
die Grafschaften, in denen meist die reichen Barone saßen, galten.
Trotzdem vollzog sich wie im Lande, so auch in den Städten,
wenn auch nicht in dem Umfange, der gleiche Wechsel. Dort ver-
drängte der freeholder den freeman, hier war es der householder
(housekeeper), der den freien Bürger und citizen allmählich in den
Hintergrund drückte. Unter Jakob I. war es so schon allge-
meines Gesetz: That only ougt to have voice in the election
— „all“ men, inhabitens — householders, residents within the
borough“ *?,
Da diese Tausende von freien, nun ihres Wahlrechts be-
raubten Männer und Bürger gleichwohl wie früher der Steuer-
pflicht unterworfen blieben, so war durch dieses Gesetz das
stolze Königswort Eduards I.: „Guod omnes tangit, ab omnibus
approbetur“ elendiglich zu Schanden geworden.
2) Gestaltung des Wahlzensus unter dem Ein-
flusse der Idee von der Proprietätsmoral.
Wenn sich auch in England der Zensus dieser Periode nicht
durch eine eigene (Gesetzgebung bekundet, so sind es doch be-
“1° Rızss, Geschichte des Wahlrechts zum englischen Parlament im
Mittelalter, Lpz. 1885 S. 76 ft. *1 G. MEYER S. 20. 42 Cox p. 19%.