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Vertretung, direkte im Oberhause, und durch ihre zahlreichen
nominee-members indirekte im Unterhause. Das Volk aber habe
in Wahrheit keine Vertretung und das Schlimmste sei noch, daß
es bei 8 Millionen Einwohner nur 6000—8000 Wahlberechtigte
gebe. Er beantragte allen resident-householders das Wahlrecht
zu gewähren, zog aber dann wieder seinen Antrag als aussichts-
los zurück °®,
Oel goß noch die französische Revolution ins Feuer: An
allen Orten Englands wurden Versammlungen gehalten, politische
Vereine schossen wie Pilze empor („The Friends of the People*,
„The Constitutional Society“), Pamphlete und Flugschriften durch-
flogen das ganze Land („The rights of Man“ by Paine“), Straßen-
aufläufe und blutige Kämpfe waren an der Tagesordnung. Es
folgten sodann Gerichtsverhandlungen, Einkerkerungen und schließ-
lich auch Aufhebung des „Habeas Oorpus Act“. „Für die Er-
weiterung des Wahlrechts eintreten“ war den Richtern gleich-
bedeutend mit „revoltieren“5”. Der Krieg, den alsbald England
mit Frankreich und Napoleon I. führen mußte, drängte die inner-
politischen Fragen, wenn er sie auch nicht in Vergessenheit
brachte, doch auf lange Jahre in den Hintergrund.
Die Veranlassung zum zweiten parlamentarischen Ansturm
gegen den Wahlzensus gab das Hungerjahr 1817, das im Lande
tiefe Mißstimmung gegen die bestehenden Verhältnisse hervorrief°®.
Der erste Vorkämpfer des Volkswahlrechts, Pitt, war 1806 ge-
storben. Nun trat als Verfechter der Volksrechte Lord John
Russell auf den Plan und es ist eine rühmliche Erscheinung, daß
es gerade lords, baronets etc. waren, hochherzige, charaktervolle
Männer, wahre gentlemens, die ihr Können und Wissen, ihre ganze
Kraft für die Volksrechte einsetzten. Den Vorstoß machte der
Baronet Francis Burdett, indem er 1819 im Parlamente, freilich
vergebens, das alte, volle und ganze Wahlrecht verlangte”. Eben-
#8 MURDOCH p. 4lf. 5 Vgl. MURDOCH p. 52f.
5° MURDOCH p. 54. 6° MURDOCH p. 59.