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Personen im privatrechtlichen Dienstverhältnisse des Wahlrechts
entbehrten. Von einem hohen Wahlfähigkeitszensus und einer
festen Begrenzung desselben hatte man fast durchweg des in-
direkten Wahlverfahrens wegen Abstand genommen. Dagegen
tritt die Tendenz , zur Wählbarkeit nur die höheren Schichten
des Bürgertums zuzulassen, offen zu Tage.
Als einzige Ausnahme vom ständisch-repräsentativen System
ist Baden zu nennen, das mit seiner Verfassung vom 22. Au-
gust 1818 sofort eine modern-repräsentative zweite Kammer schuf
und für das aktive Wahlrecht nur die Zugehörigkeit zu einer
der drei christlichen Konfessionen und Ortsbürgereigenschaft
oder Beamtenqualität verlangte, für das passive eine Steuer aus
10000 fl. Grund- und Gewerbebesitz oder aus 1500 fl. jährlicher
Rente festsetzte 133,
II. Periode des Massenzensus.
So blieb nun in Deutschland der Wahlzensus bestehen, bis
die französische Februarrevolution mit ihren Ideen vom allge-
meinen und gleichen Wahlrecht die lokalen Grenzen überschritt.
So anrüchig es nun auch heute sein mag, Nord- und Süddeutsch-
land zu trennen, ihr verschiedener Entwicklungsgang bezüglich
des Wahlzensus in der Periode des Massenzensus macht es aber
notwendig und gestattet überdies, einerseits Bayern als Typus
Süddeutschlands nicht nur in transeundo zu berühren, anderer-
seits näher auf den Werdegang des preußischen Dreiklassen-
wahlsystems, das Vorbild der norddeutschen Kleinstaaten, einzu-
gehen, |
Süddeutschland.
In Bayern hatte schon die französische Revolution die Zen-
Ssusfrage in den Vordergrund der Ständeverhandlungen treten
lassen, wiederholten sich doch seitdem immer Anträge auf Er-
mäßigung des passiven Wahlzensus oder Einrechnung der Per-
'# Verf. v. 22. Aug. 1818 8 37 Abs. 8; W. O. v. 23. Dez. 1818 $ 65,