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Kapitel II.
Geschichte des Wahlzensus in Belgien und Niederlande.
$1. Belgien.
I. Periode des Staatsbürgerzensus.
1) Gestaltung des Wahlzensus unter dem Ein-
flusse der Idee von der Proprietätsmoral 1830—1848.
In Belgien treten wir mit dem 4. Oktober 1830, dem Tage
der Trennung von den Niederlanden, in eine selbständige Ge-
schichte des Wahlzensus ein. Für die Wahlen zum National-
kongreb zeigt sie zwar noch starke Anklänge an das Nieder-
ländische, um erst mit den Bestimmungen dieser konstituierenden
Körperschaft eigene Wege zu betreten !6%.
Die Verfassungskommission sprach sich über die Vorbe-
dingungen zum Wahlrecht in keiner Weise aus, so daß die
ganze Regelung des Wahlzensus dem Kongreß selbst überlassen
blieb. Wie sehr diesen aber die französischen Ansichten von
der Proprietätsmoral beherrschten, läßt sich am besten daraus
erkennen, daß man dem Vorschlage eines Kapazitätsstimmrechtes
fast mit den gleichen Argumenten wie seinerzeit in Frankreich
mit Erfolg entgegentrat!‘”. Einer sofortigen definitiven Regelung
186 Vgl. Tu. JusTe, Histoire du Congres nationale de Belgique Prux. 1850
1,43 ff. ERRERA, Das Staatsrecht des Königreichs Belgien, Tüb. 1909 8. 82 ff.
197 So der Abg. FORGEUR: „La meilleure des garanties & demander aux
electeurs c’est le payement d’un cens qui represente une fortune, une posi-
tion sociale, afin qu’ils soient interesses au bien-6tre et & la prosperite de
la societe. Que si vous admettez un privilege en faveur des piofessions
liberales vous verrez bient£t les tailleurs, les cordonniers, tous les corps des
metiers venir vous demander la mönfe faveur et dire qu’eux aussi sont in-
teresses au bon ordre et ä la prosperite de l’Etat. N’entrons pas dans la route
des privilöges car on ne sait plus oü l’on s’arr&te, lorsque’ une fois on y
entre“. Juste I, 3%.