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Wenn auch das Reichsratswahlgesetz vom 2. April 1873
im wesentlichen die Zensusbestimmungen für die Landtagswahlen
übernahm, so war jetzt doch wenigstens ein Zentralorgan ge-
schaffen, das eine Weiterentwicklung des Wahlzensus möglich
machte. In der Tat verstummten jetzt die Rufe nach einer
Neugestaltung des Wahlzensus nicht mehr?!, bis endlich am
28. Januar 1881 der Abgeordnete Lienbacher mit einem brauch-
baren Entwurfe hervortrat: Der Steuerzensus für den Groß-
grundbesitz sollte mindestens zu */, aus Grundsteuer bestehen,
Stadt und Land sollten mit 5 fl. direkter Steuer wahlberechtigt
werden. Nach heftigen Debatten ging dieser Entwurf auch wirk-
lich, kräftig unterstützt von Taafe, unverändert durch und er-
hielt am 4. Oktober 1882 die kaiserliche Sanktion???.
Die nächsten Wahlen zeigten auch sofort die praktischen
Folgen dieses neuen Wahlzensus in Form eines nicht unbedeu-
tenden Wählerzuwachses 5°:
Jahr 1879 | %, | Jahr 1885 | %
Bevölk. 21 614 761 22 629 031
Großgrundb. 4768 | 0,02 5119 | 0,02
Stadt 196 993 | 0,90 : 298 793 | 1,32
Land 1088457 | 5,08 , 1369536 | 6,05
1I. Periode des Massenzensus 1896.
Nicht als ob man aber allgemein mit diesem neuen Wahl-
zensus zufrieden gewesen wäre, hatte man doch ein seit kurzer
Zeit kräftig aufstrebendes Volkselement wieder gänzlich außer
Acht gelassen, das Arbeitervolk. Schon kurz nach dem Zusam-
menbruche vom Jahre 1873, den man dem kopflosen Regiment
der Privilegierten in die Schuhe schob, wurden Forderungen des
allgemeinen und gleichen Stimmrechts laut; wie hätte man sich
253 Vgl. KoLMmer 1], 169, 811.
252 KOLMER III, 140 fl.
253 (JARLO SCHANZER Op. cit. p. 93.