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fassung nach grundsätzlich allein zur Staatsmachtsausübung
Fähigen und den Staatsangehörigen als Einzelnen stehen not-
wendig in einem gewissen Gegensatz, denn wenn der Monarch
begrifflich die Macht des Staates d. h. der geordneten Menschen-
menge, welche durch diese Ordnung zu einer Gesamtheit gewor-
den ist, in sich vereinigt, er also für alle wirkt, ist jeder Ein-
zelne, auch wenn er die Interessen der Mitbürger in Rücksicht
zieht, doch in erster Linie für sich selbst allein tätig; er will
nach eigenem Willen handeln, frei sein. Nun bedeutet jede Ord-
nung einer Gesamtheit begrifflich die Beschränkung der Glieder.
Die individuelle Freiheit widerspricht bei der Veranlagung der
Menschen der staatlichen Beschränkung. Der Dualismus des
Staates ist damit gegeben, die Begründung der Volksvertretung
nach einer Seite hin damit gefunden.
Wenn man die Kämpfe verfolgt, welche zur Institution der
Volksmitwirkung ın ihrer jetzigen Gestalt d. h. vermittelt durch
die Volksvertretung führten, so fällt als völlig gemeinsamer, allein
betonter Zielpunkt der auf, daß die Staatsangehörigen in ihr eine
Sicherung ihrer individuellen Freiheit gegenüber der begrifflich
und damals auch faktisch allenthalben unbeschränkten Staats-
gewalt erstrebten. Die Staatsbürger hatten einsehen gelernt, daß
die staatliche Ordnung möglicherweise so ausgedehnt und so ge-
handhabt werden könnte, daß für die individuelle Betätigung
Raum nicht genügend bleibe. Es wurde bei Einführung der
Volksvertretung nur der Zweck der Sicherung der einzelpersön-
lichen Freiheit gegenüber der Staatsgewalt klar erkannt; die
Volksvertretung schien allein den Zweck der Durchsetzung in-
dividueller Bestrebungen im Staate zu haben; und diesen Zweck
hat sie ohne Zweifel auch noch in unserer Zeit.
Dazu hat sich aber noch ein weiterer Zweck der Einrich-
tung ergeben, der sich, wenn auch — besonders praktisch —
nicht ganz scharf, vom schon bezeichneten trennen läßt. Der
Staat hat in neuerer Zeit seine Wirksamkeit ganz ungeheuer
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