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mehr als nötig in Frage gestellt wird, da es dem Wähler, trotz-
dem er das Wahlrecht hat, nicht frei steht, dieses nach Gut-
dünken auszuüben; es darf den Mann, der ihn vertreten soll,
seine einzelpersönliche Freiheit gegenüber der Staatsmacht wahren
soll, nur aus einer bestimmten Anzahl von Personen aussuchen,
von denen er vielleicht keiner traut. Die Volksvertretung wird
für diese Wähler dem Sicherungsbedürfnis nicht gerecht, sie hat
insoweit ihren Zweck verfehlt. Man hat deswegen die besondere
Beschränkung der Wählbarkeit als unzweckmäßiges Mittel auf-
gegeben und hat die Beschränkung auf seiten der (aktiven) Wahl-
berechtigung bevorzugt. Hierdurch wurde nun der Widerstreit
der beiden Volksvertretungszwecke in Bezug auf die Aus-
dehnung der Wahlbefugnis recht offenbar, da man sich in
die Lage versetzt sah, das (aktive) Wahlrecht auf der einen
Seite möglichst ausdehnen und auf der anderen doch wiederum
einschränken zu müssen. Die Notwendigkeit eines Ausgleiches
durch gegenseitiges Nachgeben von beiden Seiten her war ge-
geben.
Es wäre nun denkbar, diesen Ausgleich dadurch herbeizu-
führen, daß zwar nicht Allen, wie der eine Zweck verlangt, aber
auch nicht nur denen, von denen Erreichung des anderen Zweckes
erwartet wird, das Wahlrecht gegeben würde. Dieser Weg würde
zu einem befriedigenden Ziele nicht führen, da kein Zweck ganz
berücksichtigt ist. Kann man die notwendige Beschränkung nun
ohne Verletzung des entgegenstehenden Zweckes nicht durch
Ausschluß einiger Volkskreise erreichen, so gelangt man doch
zu einem ähnlichen Ergebnis durch Bevorzugung der geeig-
neten Volksschichten ; das Mittel ist dann nicht die Zahl sondern
das Maß, nach dem das Wahlrecht ausgeteilt wird; die Wahl-
befugnis ist dann nicht mehr gleich. Man kann es sich so denken:
der Zweck der Staatsmachtsstärkung gesteht zwar das ihn hin-
dernde „allgemeine“ Wahlrecht zu, setzt sich aber im Wege
der Ungleichheit des Wahlrechtes durch. Das Mittel, beiden