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Von den übrigen Mehrstimmengründen sollen nun schließlich
nur noch zwei Erwähnung finden: die Verheiratung und die
berufliche Stellung. Bei dem ersteren darf natürlich nicht daran
gedacht werden, die Mehrstimme als Heiratsprämie anzusehen, zu
solchen widersinnigen Mitteln zu greifen, besteht in Deutschland
glücklicherweise noch keine Veranlassung. Auch wäre es falsch,
zu behaupten, die Mehrstimme rechtfertige sich daraus, daß der
Familienvater etwa bei der Wahl seine Familie mit zu vertreten
habe, der Unverheiratete dagegen Niemanden. Soweit Jemand
das Wahlrecht nicht selbst vom Staate verliehen bekommen hat,
wird es bei der Ausübung desselben auch nicht vertreten, er hat
auch mittelbar mit der Wahl nichts zu tun. Einzig gerechtfer-
tigt wäre diese Mehrstimme aus dem Grunde, weil der Familien-
vater wegen der Sorge für seine Familie ein größeres Interesse
an der Erhaltung der staatlichen Ordnung habe, da ihm ja außer
dem eigenen zugleich auch das Wohl seiner Familie am Herzen
liegt. Dieser Gedanke will aber nicht schwerwiegend genug er-
scheinen, um die Mehrberechtigung im politischen Leben zu
rechtfertigen; dieser Pluralgrund wird abzulehnen sein.
Andere Bedenken sprechen gegen die Verwertung der beruf-
lichen Stellung als Mehrstimmengrund, trotzdem diese manches
für sich hat. Befindet sich nämlich Jemand in einer höheren
Stellung, so könnte man dies wohl als genügenden Ausweis da-
für ansehen, daß er die zu verlangenden drei Eigenschaften in
ausreichendem Maße besitzt. Nun ist es aber sehr schwer, die
Menschen sämtlich befriedigend und hauptsächlich auf die Dauer
zufriedenstellend rein nach den Berufen einzuteilen. Auch wenn
dies aber gelänge, würde doch weiterhin die verhältnismäßige
Bewertung äußerste Schwierigkeiten machen. Aber ferner abge-
sehen von dieser Schwierigkeit muß es als durchaus nicht wün-
schenswert bezeichnet werden, die Personen nach Ständen in
staatlichen Dingen handeln zu lassen. Der Stand hat seine
Sonderinteressen, die er dem Staate gegenüber durchzusetzen ver-
Archiv für Öffentliches Recht. XXVI. 2. 20