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suchen wird. Fühlt sich Jemand als Standesglied, so wird er
die staatliche Ordnung, welche begrifflich die Beschränkung der
individuellen Freiheit zu Gunsten aller andern Staatsangehö-
rigen ist, hintansetzen. Die Einteilung der Menschen nach Be-
rufsständen ist eine Einteilung nach gesellschaftlichen Gesichts-
punkten, eine Einteilung, die mit dem Staate nichts zu schaffen
hat. Der Stand rückt das Sonderinteresse seiner Angehörigen
in den Vordergrund, der Staat verlangt die Berücksichtigung des
Allgemeinteresses. Aus diesem Grunde muß darauf gesehen wer-
den, daß die gesellschaftliche (ständische) Gliederung dem Staats-
leben ferngehalten werde. So ist die Standespluralstimme im ei-
gentlichen Sinne abzulehnen. Anders muß man jedoch über
diesen Mehrstimmengrund urteilen, wenn er mit der Besitz-(Ein-
kommens-)pluralstimme verquickt wird und sich mit einer groß-
zügigen, nicht an jedem einzelnen Berufsstande haftenden Glie-
derung der Stände nach der in ihnen zu leistenden Arbeitsart
begnügt. In dieser Weise d. h. zur Ausführung der Besitz-
(Einkommens-)pluralstimme in großzügiger Weise benutzt be-
gegnet die Standespluralstimme nicht den erwähnten Einteilungs-
schwierigkeiten und läßt sie nicht die Bevorzugung des gesell-
schaftlichen Sonderinteresses vermuten; in dieser Weise ist sie
zu empfehlen.
Nach allem scheint das Pluralwahlrecht mit Zusatzstimmen
auf Grund des Alters, des Besitzes oder Einkommens näher be-
stimmt vielleicht durch eine allgemeine Ständeeinteilung und aus-
hilfsweise auf Grund eines Universitätsbildungsnachweises die
Ordnung des parlamentarischen Wahlrechtes zu sein, welche den
aus der Betrachtung seiner Grundlagen entspringenden Anfor-
derungen am meisten entspricht.