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übung einer Behörde übertragen. Deren Verfügungen innerhalb ihrer
Zuständigkeit stehen seinen eigenen gleich, solange er sie nicht abändert.
Eine solche Uebertragung hat im 19. Jahrhundert stattgefunden auf
den Staatskanzler (Verordnung vom 27. Oktober 1810, Gesetzsammlung
S. 3), das Ministerium des Königlichen Hauses (Kabinetts-Order vom
11. Januar 1819, Gesetzsammlung S. 2), die Ministerien der Justiz und des
Innern (Erlaß vom 3. Oktober 1848, Gesetzsammlung S. 269), das Ministerium
des Königlichen Hauses (Erlaß vom 16. August 1854, Gesetzsammlung 8. 516),
das in diesem errichtete Heroldsamt (Allgemeine Verfügung vom 13. Juni
1855, Justizministerialblatt S. 175).
Das Ministerium des Königlichen Hauses und damit auch das Herolds-
amt, das eine ihm untergeordnete Abteilung bildet, gehört zu den staatlichen
Behörden, soweit es mit der Bearbeitung staatlicher Angelegenheiten befaßt
ist, wenngleich es sich in staatsrechtlicher Beziehung von den sonstigen
verfassungsmäßigen Staatsbehörden unterscheidet. Die Verfügungen des
Heroldsamts, die es in Standes- und Adelssachen erläßt, haben öffentlichen,
behördlichen Charakter.
(Vgl. Beschluß des Zivilsenats 1a des Kammergerichts vom 21. Mai
1908, Jahrbuch 36 A. 54, worin dargelegt ist, daß in dem Verfahren, be-
treffend die Berichtigung der Standesregister, die Gerichte an eine Ent-
scheidung des Königs oder der zuständigen Adelsbehörde über die Zuge-
hörigkeit eines preußischen Staatsangehörigen zum Adelsstand oder zu
einer höheren Adelsstufe gebunden sind.)
Die Entscheidung über Staatshoheitsrechte ist den ordentlichen Ge-
richten entzogen, was die Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges über
das Recht auf den Adel zur Folge hat. Ist sie von zuständiger Stelle er-
gangen, so ist sie als Willenserklärung des Staats für alle Staatsbehörden
verbindlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bedarf
überzeugender Begründung.
Das Allgemeine Landrecht hat im Teil II Tit. 9 folgende Vorschriften:
$ 17. Die Aufnahme in adlige Ritterorden und Stifter zu adligen Stellen,
zu Turnieren, zur Ritterbank auf den Landtagen und in den Kollegien,
sowie zu adligen Hofämtern beweiset den einer Familie zukommenden Ge-
schlechtsadel.
$ 18. Wer entweder selbst, oder wessen Vorfahren im Jahre 1740 im
wirklichen Besitze des Adels sich befunden haben und desselben nach der
Zeit nicht verlustig gemacht haben, der soll in seinen adligen Rechten
durch den Fiskus nicht beunruhigt werden (Teil 1 Tit. 9 88 641 sq.).
S 19. Wer entweder selbst, oder wessen Vorfahren 44 Jahre hindurch
sich adliger Prädikate und Vorrechte ruhig bedient und also ein ausdrück-
liches oder stillschweigendes Anerkenntnis des Staats für sich haben, für
den streitet die rechtliche Vermutung, daß ihm der Geschlechtsadel wirk-
lich zukomme.
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