— 333 —
bekanntlich in den deutschen Schutzgebieten nicht ohne weiteres
gelten, die Schutzgebiete staatsrechtlich vielmehr als „Ausland“
oder besser als „Nebenland“? anzusehen sind, so ist zu prüfen,
ob das Freizügigkeitsgesetz in ihnen eingeführt ist. Maßgebend
hierfür ist jetzt $ 3 des Schutzgebietsgesetzes vom 25. VIII. 1900;
hieraus in Verbindung mit 819 des Konsulargerichtsbarkeits-
gesetzes vom 7. IV. 1900 ergibt sich, daß eingeführt sind:
1) „die dem bürgerlichen Rechte angehörenden Reichsgesetze
und preußischen Gesetze“ .....
2) „die dem Strafrecht angehörenden Vorschriften der Reichs-
gesetze“ . ....
Da nun das Freizügigkeitsgesetz weder zum bürgerlichen
Recht, da es lediglich Bestimmungen über das Verhältnis des
Staates bezw. seiner Organe zu den Untertanen enthält, noch
auch zum Strafrecht gehört, so folgt daraus, daß eine Aus-
weisung deutscher Staatsangehöriger aus deutschen Schutzgebieten
nicht auf Grund des Freizügigkeitsgesetzes unzulässig ist.
Vielleicht ist es aber auf andere Weise möglich, für die
Deutschen in den deutschen Schutzgebieten ein „Wohnrecht“ zu
konstruieren. 89 des Schutzgebietsgesetzes bestimmt u. a., dab
„auf die Naturalisation von Ausländern in den Schutzgebieten
und auf das durch dieselbe begründete Verhältnis der Reichs-
angehörigkeit“ neben andern Bestimmungen auch Art. 3 der Reichs-
verfassung Anwendung findet. Würde nun in Art. 3 ein „Wohn-
recht“ festgesetzt sein, wie man wohl gemeint hat?, und würde
dies gemäß 8 9 des Schutzgebietsgesetzes auch den in den Schutz-
gebieten naturalisierten Ausländern zustehen, so dürfte wohl kein
2 ZORN, D. StR. Bd. I $ 22 S. 577; KorBNER, Holtzendorff-Kohlers En-
zyklop. Bd. II S. 1091.
® ROSENBERG, Annalen 03 S, 658 „a. 3 RV. hat für die Schutzgebiete
keine Geltung. Die Reichsangehörigen haben kein Wohnrecht in den
Schutzgebieten.“ Von diesen Sätzen ist der erste falsch wegen $ 9 des
Schutzgebietsgesetzes; der zweite ist zwar richtig, aber seine Begründung
falsch.