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Verfasser untersucht sodann den Einfluß der Gehorsamspflicht auf
die strafrechtliche Verantwortlichkeit der handelnden Organe, wobei ganz
entsprechend unterschieden wird zwischen den militärischen und den nicht-
militärischen Organen. Eine Lücke sehe ich darin, daß an dieser Stelle
der Verantwortlichkeit der Zivilorgane, welche in Requisitionsfällen, insbes.
im Außendienst der Gendarmerie den Befehl zum Waffengebrauche erteilen,
nicht besonders gedacht wird. Die Frage der Verantwortlichkeit in diesen
Fällen wurde bereits auf S. 67 gestreift und dort dahin beantwortet, daß
die Verantwortlichkeit dann auf die anordnende Behörde übergeht. Damit
stimmt es nicht ganz überein, daß nunmehr (8. 258) wie für andere, so
speziell auch für das österr. Recht behauptet wird, daß die gesetzlich un-
bedingte Gehorsamspflicht (nach dem Gendarmeriegesetz) sich nicht auf
solche Befehle zum Waftengebrauch beziehe, die mit den Vorschriften des-
selben Gesetzes über die Voraussetzungen des zulässigen Waffengebrauches
nicht übereinstimmen würden, daß der Gendarm also auch in diesen Fällen
für den Inhalt des von ihm durchgeführten offenbar gesetzwidrigen Auf-
trages zum Waffengebrauch verantwortlich sei. Es wäre meines Erachtens
überhaupt das Verhältnis der Gendarmerie in diesem Punkt nicht im Zu-
sammenhange mit den übrigen nicht militärischen Organen, sondern mit
Rücksicht auf ihre Organisation richtiger unter der Ueberschrift „Einfluß
des militärischen Gehorsams“ zu betrachten gewesen.
Bezüglich des letzteren steht der Verfasser in Uebereinstimmung mit
den meisten Autoren auf dem Standpunkt, an Stelle des blinden Gehorsams
eine stark modifizierte Form des beschränkten Gehorsams zu befürworten
und meint eine solche Tendenz auch in der Entwicklung der Gesetzgebung
nachweisen zu können. Die Zusammenstellung der bezüglichen Vorschriften
ist sehr instruktiv und läßt allerdings erkennen, daß in vielen, ja den
meisten Rechten nicht mehr jede verbrecherische Anwendung der Waffen-
gewalt durch den Dienstbefehl gedeckt wird; aber diese eigene Verant-
wortlichkeit ungeachtet des Handelns unter dem Zwange der militärischen
Gehorsamspflicht erscheint doch nur auf besonders krasse Fälle beschränkt
und wesentlich mehr wird wohl auch mit Rücksicht auf die eigentümliche
Natur der militärischen Organisation nicht erreichbar sein.
Den Schluß bilden die Erörterungen über die Geltendmachung der Ver-
antwortlichkeit. Hinsichtlich der Gerichtsbarkeit ist hervorzuheben, daß
nur in England eine einheitliche (bürgerliche) Gerichtsbarkeit sowohl für
Zivilwachen als Heeresangehörige eintritt: in allen anderen Staaten steht
das Heer unter besonderer (militärischer) Gerichtsbarkeit, während die
Gendarmerie verschieden behandelt ist, in einigen Staaten der bürgerlichen,
in anderen und zwar der Mehrzahl, den militärischen Gerichten untersteht.
Verfasser hält erstere Art der Regelung für richtiger, weil die Gendarmerie
regelmäßig Polizeigewalt übt.
Nicht minder bedeutsam sind die sich aufwerfenden Fragen hinsicht-