Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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mord in seinem Gesetzblatt verkündet und dann neugeboren wie der Phönix 
aus seiner Asche entsteht! Dem Problem, die Kontinuität der neuen Glied- 
staaten mit den ehemaligen, untergegangenen deutschen Staaten zu er- 
klären geht der Verf. aus dem Wege und gibt dafür ein paar „ethisch- 
politische* Sätze JELLINERS (S. 17). 
Der Verf. verkennt natürlich nicht, daß die bloße Selbstvernichtung der 
ehemals souveränen Staaten nicht die Entstehung eines neuen Staatswesens 
hervorzurufen im Stande ist; er betont dies vielmehr sehr stark. Wie ist 
nun positiv das Reich entstanden? Der Verf. sagt: nicht durch Rechtssätze 
und Verträge, sondern durch eine Tat — aber nicht durch eine Tat der 
bisherigen Staaten, welche ja sich selbst umgebracht haben und eine weitere 
Tat nicht mehr vornehmen konnten, sondern dadurch, daß sich „Wilhelm I. 
zum staatlichen Herrscher aufwarf“. Daß sich die ehemaligen Staaten 
diesem usurpierten Herrscherwillen unterwarfen und ihm gehorchten, konnte 
nicht mehr auf ihrer „Selbstbindung“ d. h. ihrem in den Bundesverträgen 
erklärten Willen beruhen; denn dieser „Staatswille der Vertragsstaaten war 
mit dem Tätigwerden des neuen Herrscherwillens notwendig (!) unterge- 
gangen“, „Wie der Herrscherakt Wilhelms I., so ist auch das notwendige 
Komplement desselben, das Gehorchen der fünf Staaten im Reich, jedem 
Versuch, es rechtlich abzuleiten, entrückt; auch dieses ist bloße Tat- 
sache‘, Was würde Kaiser Wilhelm I. wohl dazu sagen, wenn er wissen 
könnte, was ihm die neueste Blühte staatsrechtlicher Konstruktion unter- 
schiebt! Er soll sich ohne einen gültigen Rechtstitel — also unberechtigter 
Weise, eigenmächtig — zum Herrscher über Deutschland „aufgeworfen*“ 
haben! Als mildernder Umstand kann ihm höchstens angerechnet werden, 
daß er und seine Ratgeber, ebenso wie das dumme Volk, wegen ihrer 
mangelhaften juristischen Begriffsbildung den Bündnisverträgen eine recht- 
liche Bedeutung zugeschrieben haben. Und diese Tat würde er am 1, Jan. 
1871 im Rückfall verübt. baben; denn dieselbe Usurpation der Staatsgewalt 
über das Gebiet des Nordd. Bundes hatte er bereits am 1. Juli 1867 vor- 
genommen. Aber diese Beschuldigung des großen und Recht liebenden 
Kaisers ist tatsächlich unsubstanziiert. Wo anders als in der Phantasie 
des Verfassers und einiger, in denselben Irrwegen wandelnden Vorgänger 
ist irgend eine Erklärung oder Handlung des Kaisers anzuführen, durch 
welche sich sein „Aufwerfen als Herrscher“ manifestiert hat! 
Man kann nun leicht ermessen, wie der Verf. von diesen „Voraus- 
setzungen“ aus es ermöglicht, die zahlreichen Bestimmungen der Reichs- 
verfassung, in welchen ausdrücklich „Verträge“ in Bezug genommen werden, 
so auszulegen, daß die RV. in Wahrheit gar keine Verträge meint, sondern 
nur ein auf besondere Art zustande gekommenes Reichsrecht, welches nur 
kraft der einseitigen Sanktion des Reichs Geltung hat. Es ist hier ein 
großer Scharfsinn verschwendet um den vom Verf. als Ausgangspunkt ge- 
nommenen Gedanken gegen alle entgegenstehenden Hindernisse siegreich
	        
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