Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

— 3831 — 
macht und zwischen Bundesrat und Reichstag eingeschoben. Die 
Reichsverfassung gab diesem dritten Organe nicht nur den kaiser- 
lichen Titel, sondern machte auch Bundesfeldherrnamt und 
Oberbefehl über die Marine aus preußischen Sonderrechten zu 
kaiserlichen Regierungsrechten. Das nunmehrige Kaisertum, in 
seinen Ursprüngen die Ausprägung des Partikularrechtes des 
größten Einzelstaates, wurde damit, gestützt auf die im deutschen 
Volke lebende Kaiseridee, zu einem zweiten Organe der natio- 
nalen Einheit, 
Wenn man die drei verfassungsmäßigen Reichsorgane zu- 
sammenhält, so erscheinen Kaisertum und Reichstag der allge- 
meinen Anschauung vertraut wie Monarch und Volksvertretung. 
Der Bundesrat ist etwas Fremdartiges, aber er ist wie das be- 
scheidene Veilchen, das im Verborgenen blüht, man bemerkt 
wenigstens äußerlich nicht viel von ihm. Diese sich unmittelbar 
aufdrängende Auffassung, wie falsch sie vom Standpunkte des 
geltenden Rechtes sein mag, ist für das geheimnisvolle Werden 
des Rechtes nicht ohne Bedeutung. Es ist eine der Quellen der 
Volksüberzeugung und damit des neu entstehenden Gewohnheits- 
rechtes. 
Der Kaiser erweckt den Eindruck eines Monarchen. Gewiß 
ist er das persönlich und als preußischer König. Und doch gilt 
das Kaisertum als das höhere, obwohl mit ihm eine umfassende 
monarchische Gewalt nicht verbunden ist, der Kaiser jede seiner 
Befugnisse nur übt im Namen des Reiches. Aber alle wesent- 
lichen monarchischen Rechte sind mit dem Kaisertum, dessen 
Inhaber zwar kraft der Verfassung berufen, aber doch kraft eige- 
nen Rechtes zu seiner Stellung gelangt, gegeben, die Vertretung des 
Reiches nach außen, der Oberbefehl über Heer und Flotte, die 
monarchischen Rechte gegenüber den gesetzgebenden Körper- 
schaften, die Leitung der gesamten Reichsverwaltung, die wieder 
auf die Befugnisse des Kaisers bei der Gesetzgebung zurückwirkt, 
die Regierung der reichsunmittelbaren Gebiete. Und wo die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.