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macht und zwischen Bundesrat und Reichstag eingeschoben. Die
Reichsverfassung gab diesem dritten Organe nicht nur den kaiser-
lichen Titel, sondern machte auch Bundesfeldherrnamt und
Oberbefehl über die Marine aus preußischen Sonderrechten zu
kaiserlichen Regierungsrechten. Das nunmehrige Kaisertum, in
seinen Ursprüngen die Ausprägung des Partikularrechtes des
größten Einzelstaates, wurde damit, gestützt auf die im deutschen
Volke lebende Kaiseridee, zu einem zweiten Organe der natio-
nalen Einheit,
Wenn man die drei verfassungsmäßigen Reichsorgane zu-
sammenhält, so erscheinen Kaisertum und Reichstag der allge-
meinen Anschauung vertraut wie Monarch und Volksvertretung.
Der Bundesrat ist etwas Fremdartiges, aber er ist wie das be-
scheidene Veilchen, das im Verborgenen blüht, man bemerkt
wenigstens äußerlich nicht viel von ihm. Diese sich unmittelbar
aufdrängende Auffassung, wie falsch sie vom Standpunkte des
geltenden Rechtes sein mag, ist für das geheimnisvolle Werden
des Rechtes nicht ohne Bedeutung. Es ist eine der Quellen der
Volksüberzeugung und damit des neu entstehenden Gewohnheits-
rechtes.
Der Kaiser erweckt den Eindruck eines Monarchen. Gewiß
ist er das persönlich und als preußischer König. Und doch gilt
das Kaisertum als das höhere, obwohl mit ihm eine umfassende
monarchische Gewalt nicht verbunden ist, der Kaiser jede seiner
Befugnisse nur übt im Namen des Reiches. Aber alle wesent-
lichen monarchischen Rechte sind mit dem Kaisertum, dessen
Inhaber zwar kraft der Verfassung berufen, aber doch kraft eige-
nen Rechtes zu seiner Stellung gelangt, gegeben, die Vertretung des
Reiches nach außen, der Oberbefehl über Heer und Flotte, die
monarchischen Rechte gegenüber den gesetzgebenden Körper-
schaften, die Leitung der gesamten Reichsverwaltung, die wieder
auf die Befugnisse des Kaisers bei der Gesetzgebung zurückwirkt,
die Regierung der reichsunmittelbaren Gebiete. Und wo die