Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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gierungsbefugnissen sich mannigfach durchdringen und durchsetzen. 
Das trägt wesentlich dazu bei, dem Kaiser eine eigentlich monarchi- 
sche Regierungsgewalt abzusprechen, ja den Ausdruck „kaiserliche 
Regierung“ überhaupt als verfassungswidrig zu verwerfen, obgleich 
derzeit an der Verfassungsmäßigkeit nicht mehr zu zweifeln ist. 
Der Bundesrat ist Träger der Regierungsgewalt, wo der or- 
ganische Zusammenhang mit der Gesetzgebung in Betracht 
kommt. Doch werden seine Befugnisse überall von kaiserlichen 
Rechten durchsetzt. 
Der Bundesrat ist zunächst formell dem Reichstage gegen- 
über die Regierung. Nur seine Mitglieder und Kommissare kön- 
nen im Reichstage erscheinen und als Vertreter der Regierung 
das Wort ergreifen. Reichskanzler und Chefs der obersten Reichs- 
ämter erhalten diese Befugnis nur durch die Mitgliedschaft des 
Bundesrates. Aber damit zersetzt gleichzeitig die kaiserliche 
Regierung die bundesrätliche. Wenn der Reichskanzler oder ein 
Staatssekretär das Wort im Reichstage ergreift, so erscheint dies 
nicht anders, als wenn dies ein preußischer Minister im Abge- 
ordnetenhause tut. Reichskanzler und Staatssekretäre vertreten 
die kaiserliche, dem Reichstage verantwortliche Regierung des 
Reiches, nur formell legitimiert durch die Mitgliedschaft des 
Bundesrates. Man vergißt dabei ganz die preußischen Bevoll- 
mächtigten, die als solche in der Tat nicht in Betracht kommen. 
Interpellationen und Beschwerden über die Verwaltung gelegent- 
lich der Etatsberatung richten sich an den dem Reichstage poli- 
tisch verantwortlichen Reichskanzler, der nicht einmal den Ver- 
such macht, sich hinter den unverantwortlichen preußischen Be- 
vollmächtigten zurückzuziehen. Und neben der Reichsregierung 
tritt dann und wann einmal zur Vertretung der besonderen In- 
teressen ihrer Staaten auch ein mittel- oder kleinstaatlicher Be- 
vollmächtigter auf. Die Bundesratsmitglieder im Reichstage er- 
scheinen fast nur als ein Anhang der kaiserlichen Regierung, in 
der bereits das Schwergewicht liegt. 
Archiv für öffentliches Recht. XXVI. 3. 26
	        
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