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Vertretung des Reiches nach außen, des Oberbefehls über Heer
und Flotte, den Rechten gegenüber Bundesrat und Reichstag,
der Leitung der gesamten Reichsverwaltung und der zwar nicht
nach dem Rechtsgrunde, aber nach dem Inhalte landesherrlichen
Gewalt in den reichsunmittelbaren Gebieten sind dagegen die
wesentlichen Bestandteile einer monarchischen Gewalt enthalten.
Mögen sie vielfach von bundesrätlichen Befugnissen durchbrochen
sein, so sind das doch nur Beschränkungen in der Ausübung,
wobei auch die schwerwiegende Stellung Preußens im Bundesrate
nicht zu vergessen ist.
Während die bundesrätlichen Befugnisse stationär sind und
mehr und mehr durch kaiserliche Regierungsrechte eingekapselt
werden, ist die kaiserliche Regierung in stetig aufstrebender Ent-
wicklung begriffen gewesen. Das ist ohne jede Aenderung des
formellen Verfassungsrechtes durch die Natur der Dinge selbst
geschehen. Namentlich der Umstand, daß die Reichsverwaltung
in stets fortschreitender Ausbildung begriffen ist, mußte dem
Kaiser als demjenigen verfassungsmäßigen Reichsorgane zu statten
kommen, das an der Spitze der Reichsverwaltung steht. Das ur-
sprüngliche Verhältnis der Regierung von Bundesrat und Kaiser
hat sich daher schon beinahe in sein Gegenteil verkehrt. Nach
der ersten Anlage der Bundesverfassung sollte es nur eine Re-
gierung des Bundesrates geben. Jetzt besteht daneben nicht
nur eine immer mehr aufstrebende kaiserliche Regierung, sondern
sie hat diejenige des Bundesrates bereits derart umsponnen und
zersetzt, daß die bundesrätliche Regierung fast als Ausnahme
erscheint.
Diese aufstrebende kaiserliche Regierungsgewalt drängt aber
von den beiden anderen verfassungsmäßigen Reichsorganen nur
den Bundesrat in den Hintergrund, sie geht andererseits mit dem
Aufstreben des Reichstages Hand in Hand. Denn da alle kai-
serlichen Regierungshandlungen mit Ausnahme der Kommando-
sachen durch die politische Verantwortlichkeit des Reichskanzlers
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