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reform: Keine eigene bundesstaatliche Regierung und Verwaltung,
die zu einer Mediatisierung der Einzelstaaten führen würde, son-
dern nur eine solche im Bundesrate und, wo die nicht ausreicht,
eine Verwaltung Preußens über die Grenzen des preußischen
Staates hinaus. Es ist im wesentlichen anders gekommen. Die
Post und Telegraphie, die Preußen im größten Teile des Bundes-
gebietes und in Südhessen erworben hatte, ging unmittelbar nach
Begründung des norddeutschen Bundes in bundesstaatliche Ver-
waltung über. Die auswärtige Verwaltung, die Preußen anfangs
für den Bund führte, wurde 1870 von ıhm übernommen. Und
endlich wurde 1872 auch die Verwaltung der Kriegsmarine aus
einer Angelegenheit Preußens eine solche des Reiches.
Aber auf einem Gebiete ist der ursprüngliche Bismarcksche
Gedanke lebendig geblieben und hat praktische Gestalt gewon-
nen, auf dem des Heerwesens. Hier besteht noch heute keine
Reichsverwaltung, sondern jene ältere Formation der Verfassungs-
bildung ragt auf diesem Gebiete noch heute in die Gegenwart
hinein. Nur die drei mittelstaatlichen Königreiche haben ihre
eigene Militärverwaltung behalten. Im übrigen sind alle deut-
schen Kontingente durch die Militärkonventionen vertragsmäßig
an die preußische Militärverwaltung angeschlossen. Tatsächlich
liegt die Sache kaum anders, als wenn die Militärverwaltung
Reichssache wäre mit Reservatrechten für die drei Königreiche,
wie es für Post und Telegraphie der Fall ist mit Reservatrechten
für Bayern und Württemberg. Es ist aber eben keine verfas-
sungsmäßige, sondern eine vertragsmäßige Einheit, und deshalb
nicht kaiserliche, sondern königlich preußische Verwaltung auch
außerhalb Preußens.
Dazu kommt das Streben nach wirtschaftspolitischer Einheit auf
dem Gebiete des Eisenbahnwesens. Wenn ihm auch die Reichs-
verfassung einen eigenen Abschnitt widmet, so sind ihre Be-
stimmungen — abgesehen von den einheitlichen Betriebs- und
Bahnpolizeiverordnungen — im großen und ganzen nur toter