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schen Eisenbahnwesen angegliedert. Und seit 1901 ist dem unter
Einbeziehung der badischen Anteile auch die Main-Neckar-Bahn
angeschlossen. Die Anziehungskraft des großen einheitlichen
Netzes macht sich trotz alles Widerstrebens des politischen Par-
tikularismus in den süddeutschen Mittelstaaten immer stärker
geltend. Der Weg der Einigung ist aber nicht mehr auf dem
Boden der Reichsverfassung, sondern durch Verträge neben ihr
gegeben. Das preußische Verkehrswesen ist bereits weit über
die Grenzen Preußens gewachsen mit der Zukunftsaussicht, ganz
Deutschland zu umspannen.
Dasselbe wiederholt sich im Kleinen, indem die preußische
Lotterie sich auf Grund von Staatsverträgen in den Jahren 1904
bis 1907 auf die beiden Mecklenburg, Lübeck, Oldenburg, Hessen,
die sächsisch-thüringischen Staaten, Braunschweig, Bremen und
Waldeck erstreckte, so daß in Norddeutschland nurnoch Hamburg
und Sachsen nicht zur preußischen Lotterieverwaltung gehören.
Hier ist wenigstens allen an die preußische Verwaltung ange-
schlossenen Staaten ein Anteil an den Erträgen gewährleistet.
Auch hier ist das Endziel der Entwicklung noch nicht erreicht.
In Elsaß-Lothringen ist allerdings vorläufig ein Anschluß an die
preußische Lotteriegemeinschaft abgelehnt worden. Und auch in
den süddeutschen Staaten ist man bis auf weiteres noch zu sitt-
lich, um überhaupt etwas von einer Lotterie wissen zu wollen.
Aber das ist noch nicht als endgültiger Abschluß der Entwick-
lung zu betrachten. Auch die preußische Lotterieverwaltung
trägt das Streben in sich, nicht ganz Deutschland zu umspannen.
Damit verschwindet von selbst das Verbot des Spielens in aus-
wärtigen deutschen Lotterien, das, durch das Finanzinteresse ge-
boten, doch in so hohem Grade für das Bewußtsein der natio-
nalen Einheit verletzend wirkte.
Wie stark die unitarischen Kräfte auf dem Boden der Reichs-
verfassung selbst wirken mögen, das nationale Einheitsbedürfnis
ist doch noch stärker, um dadurch allein befriedigt zu werden.