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4. Das Lastenheft darf keine Bedingung oder Bestimmung
enthalten, die unmittelbar oder mittelbar den freien Wettbewerb
beeinträchtigen und die Bewerber eines Landes gegenüber den
Mitbewerbern der anderen Länder in eine ungünstigere Lage
bringen könnte. —
Der vom Redaktionskomitee ausgearbeitete Entwurf ?°! wurde
in der Konferenzsitzung vom 31. März 1906 beraten. Er stimmt
bis auf zwei belanglose Aenderungen redaktioneller Art ?? mit
dem im Reichs-Gesetzblatt veröffentlichten Texte der Artikel 105
bis 119 genau überein. Ueber Artikel 112 fand keinerlei Dis-
kussion statt. Bemerkenswert ist eine Feststellung zu Artikel 115,
der für die Enteignung zu Zwecken des Bergbaus in Betracht
kommt. Der französische Bevollmächtigte erklärte auf ein von
den marokkanischen Delegierten geäußertes Bedenken, gerade
mit Rücksicht auf das für die marokkanischen Untertanen geltende
religiöse Gesetz überlasse der Artikel 115 die nötigen Maßnahmen
dem Sultan, ohne ihm dabei im übrigen ein besonderes Verfahren
zur Pflicht zu machen °®.
Das Redaktionskomitee, über dessen Verhandlungen wir nahezu
nichts wissen ?*, hat den deutschen Vorschlag in wesentlichen
Punkten geändert und ergänzt. Der von der Konferenz ange-
nommene Text hat folgenden Inhalt.
Von den öffentlichen Diensten handelt Artikel 105: „Um
den Grundsatz der wirtschaftlichen Freiheit ohne jede Ungleich-
heit zu sichern, erklären die Signatarmächte, daß kein Zweig
des öffentlichen Dienstes im Scherifischen Reiche zu Gunsten
2! Gelbbuch 1906 p. 242—244.
?2 In Artikel 115 hieß es „d’interöt public“ statt d’utilite publique, in
Artikel 116 Abs. 2 „le proprietaire du terrain® statt le proprietaire de
l'immeuble, Gelbbuch 1906 p. 243, 244.
23 Ebenda p. 238.
24 Es fanden zwei Sitzungen statt. A. TArDIEU, La Conference d’Al-
gesiras. Paris 1907, p. 403: „A la suite de deux seances du comite des
rapporteurs, la redaction fut sensiblement allegee‘“.