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der dazu nach der Algecirasakte berechtigten Macht zum Sultan
von Marokko auf Konzessionen des Sultans, die alle einen spe-
ziellen Titel haben, im Verhältnis zu den anderen Mächten
erscheinen sie als rechtlich zulässige Betätigungen auf Grund der
auch mit ihnen geschlossenen Generalakte.e Wo der Sultan in
der Akte sich allen anderen Vertragsmächten gegenüber zu einem
bestimmten Tun verpflichtet, hat er ihnen keineswegs ohne wei-
teres ein Recht zur Aufsicht und Kontrolle eingeräumt. Ein
solches Recht müßte von ihm ausdrücklich konzediert sein. Das
führt zu einer allgemeineren Betrachtung, die für die uns be-
schäftigende Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung ist.
Bei der Auslegung jeder Bestimmung der Algecirasakte muß
der Jurist streng daran festhalten, daß dieser ganze internatio-
nale Vertrag beruht „auf dem dreifachen Grundsatze der Sou-
veränetät und Unabhängigkeit des Sultans, der Integrität Seiner
Staaten und der wirtschaftlichen Freiheit ohne jede Ungleich-
heit“ 5. Dieser dreifache Grundsatz wird in der Eingangsformel
proklamiert. Wenn irgendwo dem an die Spitze eines interna-
tionalen Vertrages gestellten Prinzip eine große Bedeutung für
die Interpretation der einzelnen Vertragssätze zukommt, so ist
dies bei der Algecirasakte der Fall. Es muß hier den Aus-
gangspunkt und die Basis der Interpretation bilden. Der Ver-
trag ist im Zweifel so auszulegen, daß die Geltung des Prinzips
möglichst uneingeschränkt bleibt. Für die Algecirasakte ergibt
sich: Die Unabhängigkeit und Bewegungsfreiheit des Sultans von
Marokko ist nur insoweit eingeschränkt, als er selbst eine Ein-
schränkung in der Akte ausdrücklich auf sich genommen hat.
„Die Souveränetät des Sultans, wie sie in der Algecirasakte kon-
stituiert ist, bildet das Grundprinzip des öffentlichen Rechts in
Marokko; es kann keine Beschränkung in der Ausübung der
daraus herrührenden Rechte abgeleitet werden, ausgenommen die,
5” Vgl. LAMMAScH, Blaubuch S. 75.