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Das gemäß dem einstimmigen Beschlusse des diplomatischen
Korps in der Sitzung vom 20. August 1908 an den stellvertre-
tenden marokkanischen Minister des Aeußern gerichtete Ant-
wortschreiben vom gleichen Tage behauptet: das Reglement über
die Ausbeutung der Minen in Marokko „kann nach Artikel 112
der Algecirasakte nicht in Kraft treten, bevor es dem diploma-
tischen Korps unterbreitet worden ist, um diesem die Möglich-
keit zu geben, sich zu vergewissern, ob das Reglement mit der
diesbezüglichen ausländischen Gesetzgebung im Einklang steht“ ”*,
Dieser Satz des Antwortschreibens läßt klar erkennen, was der
fünfte Punkt des Beschlusses will. Er ist ein politischer Schach-
zug: das diplomatische Korps hat sich auf eine authentische
Deklaration des Artikels 112 geeinigt und glaubt die notwendige
Zustimmung Marokkos dazu am ehesten zu erlangen, wenn das,
worauf sich die Mächte nach lebhaften Kämpfen geeinigt haben,
als von vornherein in Artikel 112 enthalten hingestellt wird.
Die rechtliche Bedeutung des Beschlusses glaube ich nicht
treffiender kennzeichnen zu können als dadurch, daß ich mir
Worte des Reichskanzlers aus seiner Erwiderung auf eine Ein-
gabe der Nationalbank für Deutschland zu eigen mache: die
marokkanische Regierung ist vom diplomatischen Korps in Tanger
aufgefordert‘ worden, das diplomatische Korps bei der
Ausarbeitung des marokkanischen Berggesetzes zuzuziehen °*,
Ob der Beschluß vom 20. August 1908 dem rechtmäßigen
Sultan von Marokko notifiziert worden ist, erscheint mehr als
zweifelhaft. Das Weißbuch selbst nimmt (S. 9) an, dab Mulay
Hafıd von dem Beschluß des diplomatischen Korps gar nichts
wußte‘”. Ob sein Vorgänger Abdul Asis mehr Ahnung davon
”° Im Original, das im Weißbuch als Anlage 18 abgedruckt ist, nicht
gesperrt. Die Erwiderung des Fürsten Bülow datiert vom 18. September 1908.
”° Vgl. v. MAarrıTz Spalte 265: „forderten“.
”" Siehe hierzu v. BAr, Blaubuch S. 71, 72. ZORN in „Die Grenzboten*
69. Jahrg. Nr. 8 S. 380.