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spricht. In diesem Dekret erklärt der Sultan feierlich: „Aprös
avoir examine l’acte qui consolide les articles susdits et qui porte
la date du douze Nafar de l’annde courante, correspondant au
sept avril mil neuf cent six et apr&s nous &tre penätres de ce
möme acte, du commencement & la fin, nous avons pris la
determination ch£riffienne de l’approuver, de le ratifier, de l’ac-
cepter et de l’ex&cuter entiörement‘.
Der Augustbeschluß ist eine Vorberedung unter einem Teil
der Kontrahenten über eine Abänderung der Algecirasakte, an
der jedoch durch den Beschluß allein noch nichts geändert wird.
Er will eine authentische Interpretation, eine Ergänzung und
Aenderung der Generalakte; er ist in Wahrheit weder das eine
noch das andere. Die Mächte verlangen vom Sultan ein Tun,
zu dem er nach dem zwischen ihm und jeder einzelnen Signatar-
macht bestehenden internationalen Rechte nicht verpflichtet ist.
Nach langen Verhandlungen wurde auf der Londoner
Schwarze Meer-Konferenz am 17. Januar 1871 ein Protokoll
unterschrieben, wonach „es ein wesentlicher Grundsatz des Völ-
kerrechts ist, daß keine Macht sich ohne Zustimmung der an-
deren beteiligten Mächte und ohne gütliches Uebereinkommen
von den Verpflichtungen eines Vertrages freimachen oder die
Bedingungen desselben umändern kann“ ”®, Marokko ist an dem
Uebereinkommen vom 20. August 1908 nicht beteiligt. Das Ueber-
einkommen vermochte demnach an der Algecirasakte ebenso
wenig etwas zu ändern wie das die Handelsfreiheit der übrigen
Vertragsstaaten bedrohende englisch-französische Sonderabkom-
men vom April 1904 an der Madrider Konvention vom 3. Juli
1880. Was damals das Sondervorgehen zweier Mächte für uns
als nicht rechtsverbindlich erscheinen ließ und deutscherseits
%6 Archiv für Öffentliches Recht, XXI, S. 282; Deutsche Revue, März
1906, S. 263. Dieser „wesentliche Grundsatz des Völkerrechts“ soll hier
nicht näher kritisch beleuchtet werden; in seiner Allgemeinheit ist er
sicherlich nicht haltbar.