Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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natürliche Recht nenne, wiederum auch nur die einzige Richtschnur in allen 
Fällen seyn, die nicht eine ausdrückliche Bestimmung durch positive Ge- 
setze erhalten haben und es kann eine gute Justiz-Verwaltung nur allein 
insofern Statt haben und gedacht werden, als in allen durch positive Ge- 
setze nicht bestimmten Fällen, der Richter die Wissenschaft der natürlichen 
Rechte und Verbindlichkeiten wohl inne hat... ..... 
Ich übergehe also als Otieux, alle die Fragen an testamenta, feuda, 
pignora, praescriptiones sint juris naturae, das aber behaupte ich dagegen, 
quod detur jus naturale Testamentorum, feudorum, d. i. daß nach Admission 
aller dieser Gegenstände in der bürgerlichen Gesellschaft, aus dem Begriffe 
derselben Rechte und Verbindlichkeiten fließen, und daß solange der positive 
Gesetzgeber darüber nicht besondere Circumspectiones und Bestimmungen 
edirt hat, alle diese Gegenstände aus dem, was der Begriff der Sache selbst, 
und die Umstände, die sie begleitet haben, durch eine regelmäßige und ver- 
nünftige Schlußfolge mit sich führen beurteilt, und die deshalb entstehenden 
Streitigkeiten geschlichtet werden müssen. Diese Legitime Consequenz 
nenne ich das natürliche Recht, und die Wissenschaft des Verhältnisses 
der Verbindlichkeiten gegen die Rechte, und beider gegen die in der 
bürgerlichen Gesellschaft vorkommenden Handlungen, die Rechtswissen- 
schaft, und sehe überhaupt keinen Ausweg für einen Richter übrig, in allen 
Fällen, wo die vorliegende Sache durch spezielle Gesetze nicht decidiert ist, 
als dieses natürliche Recht, dessen Anwendung umso allgemeiner seyn muß, 
als es unmöglich ist, positive Gesetze, auf jeden speziellen Fall zu geben. 
Freylich werde hiernach die Decision, nach den verschiedenen Talenten, 
Einsichten, und Beurteilungskraft der Richter, ebenfalls verschieden aus- 
fallen. Diese Unvollkommenheit aber ist das Loos aller menschlichen An- 
ordnung, und das kompleteste Gesetzbuch wird den Nutzen mehrerer In- 
stanzen in einem Prozeß nicht aufheben, und reformatorische Urteile werden 
nach wie vor vorkommen“. 
Darauf erwidert v. CARMER-SUAREZ vol. 88 fol. 19 f.: „Da wir solcher- 
gestalt über diesen Teil der vorliegenden Materie völlig einverständen sind, 
so könnte ich die bey Gelegenheit desselben in Ew. Exc. verehrtem 
Schreiben vorkommenden Auseinandersetzungen über den Unterschied 
zwischen Jus naturae und Jus naturale, sowie über den Werth 
und die Wirksamkeit des letzteren dahingestellt seyn lassen, wenn mir 
nicht einige nähere Erörterungen darüber um der Folge willen nöthig zu 
seyn schiene. 
Die Richtigkeit des Unterschieds räume ich völlig ein; er trifft mit dem- 
jenigen, welchen man sonst noch zwischen absoluten und hypotheti- 
schen Naturrecht zu machen pflegt, ziemlich überein. Auch bin ich von dem 
großen Werthe eines philosophischen Naturrechts sowohl für den Gesetz- 
geber als für den Richter vollkommen überzeugt; nur daran zweifle ich, 
ob dasselbe in irgend einem Falle den Richter zu seyner Norm in Beur-
	        
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