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nur den Lernenden, denen sie hauptsächlich gewidmet sind, auch dem
Praktiker werden diese Bücher unentbehrlich werden.
Piloty.
J. Schleip, Das Petitionsrecht des bayerischenLandtages
im Sinne des Tit. VII, $ 19 der Verfassungsurkunde
vom 26. Mai 1818. Eine historisch-dogmatische Studie. München
1909. J. Schweitzer (Arthur Sellier). 121 S.
Verfasser gibt eine gründliche und übersichtliche Darstellung von den
Kontroversen und Schwankungen, welche bei der praktischen Anwendung
des Petitionsrechts zwischen Regierung und Landtag im Laufe der 92 Jahre
des b. Verfassungslebens hervorgetreten sind. Im dogmatischen Teil nimmt
er selbst Stellung zu den Kontroversen. Im Gebiete der Gesetzgebung läßt
er Petitionen auch zu, wo dem Landtag das Recht der Initiative nach dem
Ges, v. 4. Juni 1848 fehlt. Dem Gebiete der Verwaltung (Kronrechte und
Bereich des administrativen Ermessens) schließt er Petitionen grundsätzlich
aus, läßt sie aber zu, soweit es sich um Gegenstände handelt, welche den
Wirkungskreis des Landtags (Gesetzgebung, Steuerbewilligung) auch nur
mittelbar berühren, Petitionen in Bezug auf die Abstimmung der Regierung
im Bundesrat läßt er zu, soweit die Akte des Reichs irgendwie von Einfluß
sind auf das bayerische Recht. In letzterer Frage scheint mir SCHLEIPS
Ansicht, obgleich sie in allen Staaten von der Praxis bestätigt wird, doch
in einem Punkte unrichtig zu sein. Es ist und bleibt ein Widerspruch,
wenn die Landesparlamente über Reichsangelegenheiten verhandeln. Der
Widerspruch liegt nicht etwa darin, daß fremde Interessen, sondern
darin, daß eine fremde Rechts- und Machtsphäre in die Verhand-
lungen gezogen wird. Für Reichsangelegenheiten sind nun einmal Bundes-
rat und Reichstag eingesetzt und im Bundesrat haben nur die Regierungen
zu beschließen. Der Sinn dieser Anordnung ist der, daß die Regierungen
durch Verhandlungen unter sich zu Entschlüssen kommen sollen und
daß das beteiligte Volksinteresse im Reichstag seine vollständige und aus-
schließliche Vertretung finde. Eine Regierung, welche sich vor ihren Ver-
handlungen mit den andern Regierungen ihrem Landtag gegenüber irgend-
wie gebunden hat, kann in die üble und unwürdige Lage kommen, ent-
weder im Bundesrat unfrei und verhandlungsunfähig oder ihrem Landtag
gegenüber abtrünnig zu werden. Beides ist nur zu vermeiden, wenn sie
Petitionen ihres Landtags in Reichsangelegenheiten entweder überhaupt
nicht zuläßt oder wenigstens ihre Beantwortung so einrichtet, daß sie sich
durch dieselbe nicht bindet. Der Landtag kann petitionieren, die Petition
kann besprochen werden, aber eine zu Entschließungen der Regierung
führende Verhandlung scheint nach Reichsstaatsrecht ausgeschlossen
zu sein.
Daß die Zustimmung des b. Landtags zur Aufgabe eines bayerischen