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bedanken. Es ist ein grober und doch weitverbreiteter Irrtum, zu denken,
daß jede Art Benützung sog. musikalischer Instrumente oder tonerzeugender
menschlicher Leibesorgane den Anspruch habe. als Musik bezeichnet zu
werden. Auch gibt es eine Musik, die in weit höherem Maße reif ist, unter
dem Gesichtspunkt der unzüchtigen Darstellung betrachtet zu werden, als
dies bei vielen polizeilich verfolgten Abbildungen der Fall ist. Das Gehör
ist zudem gegenüber der mit einem Freibrief ausgestatteten musikalischen
Entartung weit mehr als das Auge auf gesellschaftlichen Schutz angewiesen,
weil ihm die natürliche Fähigkeit des Sichverschließens, welche das Auge
hat, nicht gegeben ist. B. versagt es sich, auf diese Seite des rechtlichen
Gehörschutzes einzugehen. Ein Musikparagraph könnte indes nicht schaden.
Die Kirche hat das längst erkannt. Der Staat freilich scheint dem Häß-
lichen gegenüber machtlos zu sein.
Piloty.
Robert Beutler, Dr. jur. Die Reichsbank. Ihre rechtliche
Naturund Zweckbestimmung. Berlin und Leipzig. Dr. W.
Rothschild 1909. 253 8.
Es hat immer sein Gutes, wenn Einer sich ganz ausspricht und seine
Ansicht, auch wenn sie einseitig ist, bis in ihre letzten Winkel und Gründe
darlegt. Ist das erst geschehen, dann möge auch der Andere mit der ge-
genteiligen Ansicht ebenso angehört werden.
Die B.sche Monographie ist unter den zahlreichen Monographien, die
sich die Rechtsnatur der Reichsbank schon zum Gegenstand genommen
haben, bisher entschieden die bestgeschriebene. Der Verfasser beherrscht
seinen Gegenstand und — weiß, was er will. Er arbeitet seine Begriffs-
bestimmung aus dem Zweck des Instituts heraus, nach diesem und nicht
nach einer abstrakten Doktrin formt sich ihm die Vorstellung, man erkennt
in B. ein wohlgelungenes Produkt der neuesten Phase unserer Rechtsdis-
ziplin, die eben die formbeherrschende Macht des Zweckes erkannt hat.
Es klingt stolz, wenn man im Vorworte liest, was B. von seiner Arbeit er-
wartet, daß sie nämlich ‚in gewissem Umfange zur Klarlegung der Begrifts-
formen des öffentlichen Rechtes beitragen und daher auch für die Theorie
des Staats- und Verwaltungsrechtes von Nutzen sein* werde. Daß diese
Erwartung sich erfülle, wird man der Schrift nicht bestreiten dürfen, selbst
wenn man ihren Ergebnissen nicht zustimmt. Wir anerkennen insbeson-
dere die Sicherheit seines Fortschreitens in der einmal eingeschlagenen Ge-
dankenrichtung. Voran steht der Zweck: welches ist die Aufgabe der
Reichsbank? Natürlich entscheidet nicht die etwa subjektive Zweckauffas-
sung, sondern die normierte: der Zweck im Recht, in der Rechtsnorn.
Was der Verfasser an dieser Norm auszusetzen hat, dem weist er einen
untergeordneten äußeren Rang an, obgleich er auch hierin sehr genau weiß,
was er will und gar nichts zurückhält. Der von den „Reformen“ handelnde