Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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besonderer individueller Fall unvollkommener, d. h. nur völkerrechtlicher, 
nicht aber staatsrechtlicher Einverleibung zu erfassen. Die realen Verhält- 
nisse dürfen nicht ignoriert werden wegen eines Lehrbegriffs ohne rechtlich 
normativen Charakter — und der Staatsbegriff ist nur ein solcher Lehr- 
begriff. Die finnische Frage zeigt aber auch, in welche Sackgasse die Rechts- 
wissenschaft geriete, wenn sie alle ethischen Gesichtspunkte aus sog. Realis- 
mus beiseite setzen wollte. Daß eine von einem Monarchen mit Ständen 
vereinbarte Konstitution von dem gleichen Monarchen auf einem Umwege 
nicht beseitigt werden kann, sollte überhaupt eines Beweises nicht bedürfen. 
Es war deshalb an der Zeit und eine erfreuliche Erscheinung, daß die 
finnische Frage die Wissenschaft wieder einmal zum Schutz eines idealen 
Prinzips auf den Plan rief. Max Huber. 
Dr. Ernst Pabst, Die Sanktions- und die Publikationsfrist 
für Gesetze. Berlin, J. Guttentag, 1909. 102 S. 8°. M. 2,50. 
Dr. Alwin Scheibke, Die Frist für Sanktion und Publika- 
tionvonGesetzen. Tübingen, J. G.B. Mohr (Paul Siebeck). 1909. 
151 S. 8. M. 4.— 
Nach dem lebhaften Streite, welcher sich beim Erlaß des Reichsgesetzes 
vom 8. 1II. 1904, betr. die Aufhebung des $ 2 des Jesuitengesetzes, über die 
Frist für die Sanktion und die Publikation von Gesetzen erhoben hat, halten 
die Verfasser der beiden vorgenannten Arbeiten eine Nachlese. Daß der 
Streit der Meinungen nunmehr endgültig ausgetragen ist, kann leider nicht 
angenommen werden; denn in der Hauptfrage, der Frage nach der Sanktions- 
frist, gelangen die Verfasser zu verschiedenen Ergebnissen. 
PABsT, der fast durchweg auf schon früher begangenen Pfaden wandelt, 
bestreitet für das Deutsche Reich und seine monarchischen Gliedstaaten 
jede Zeitgrenze der Sanktion. Er operiert hauptsächlich mit dem Begriff 
des Trägers der Staatsgewalt und nimmt für seinen Standpunkt die Be- 
gründung auf, daß das Recht des 'Trägers der Staatsgewalt, die Sanktion 
schlechthin zu verweigern, auch das kleinere Recht in sich schließen 
müsse, ihre Erteilung hinauszuschieben. Sein Ausgangspunkt ist falsch; 
denn es handelt sich bei dieser Frage nicht um das Recht, die Sank- 
tion zu verweigern, sondern um die Möglichkeit, sie zu erteilen, und 
diese Frage ist nicht aus dem Begriff des sog. Trägers der Staatsgewalt, 
sondern aus dem Wesen der parlamentarischen Erklärung des Gesetzgebungs- 
willens zu entscheiden. PABsT schrickt auch selbst vor der folgerichtigen 
Durchführung seines Grundsatzes zurück. Im Anschlu an LABAnD leitet 
er aus dem Prinzip von Treu und Glauben, welches zweifellos auch im 
öffentlichen Recht herrscht, die Folgerung her, daß ein früher einmal von 
der Volksvertretung genehmigter Gesetzentwurf von der Regierung unter 
wesentlich veränderten Verhältnissen nicht mehr sanktioniert werden dürfe.
	        
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