Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

— 505 — 
Am besten ist dem Verfasser noch der Abschnitt über Preßverwaltungs- 
recht, Preßverwaltungsstrafrecht und Preßstrafrecht gelungen, wenngleich 
auch hier manches zu tadeln ist. Recht brauchbar und übersichtlich ist 
die Darstellung des kirchlichen Zensurrechts; erstaunlicherweise erfahren 
wir aber über das geltende staatliche Zensurrecht, das ja doch auf weit 
größeres Interesse rechnen dürfte, kaum ein Wort. Der Verfasser be- 
schränkt sich auf eine kurze Darstellung der englischen Zensur unter dem 
„star-chambre® und der napoleonischen Zensur. — In recht ausführlicher 
Weise befaßt sich Gustı mit dem Begriff der Druckschrift. Die 
Definition, die er gegen Schluß dieser Ausführungen aufstellt, ist nicht zu 
billigen. Verfasser sagt: „Druckschrift ist die mit der Möglichkeit der 
Vervielfältigung objektivierte veröffentlichte Gedankenäußerung.“ Was heißt 
„Möglichkeit der Vervielfältigung‘? Wenn man die Definition außerhalb 
des Zusammenhanges betrachtet, so wird man kaum erraten können, was 
der Verfasser unter dieser Bezeichnung verstanden wissen will. Man müßte 
m. E. etwa sagen: „Druckschrift ist die mittels der Buchdruckerpresse oder 
mittels anderer chemischer oder mechanischer Verfahren vervielfältigte ob- 
jektivierte, veröffentlichte Gedankenäußerung“. Durch diese Fassung glaube 
ich auch schon einen weiteren Fehler der Gustischen Definition ausgemerzt 
zu haben. Nach seiner Begriffsbestimmung könnte man unter Druckschrift 
auch Grammophonplatten verstehen. Denn Grammophonplatten sind auch 
objektivierte, veröffentlichte Gedankenäußerungen, die auf mechanischem 
Wege — durch Abguß mittels einer Matrize — vervielfältigt worden 
sind. Daß diese aber nicht als Druckschriften angesehen werden dürfen, 
ergibt sich ohne weiteres aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, auch aus 
$ 2 des Reichspreßgesetzes; es wird überdies von dem Verfasser (S. 88) 
auch ausdrücklich betont. 
Anschließend an seine Begriffsbestimmung der Druckschrift befaßt 
sich GustI mit den Eigentümlichkeiten des Preßdelikts. Er findet dessen 
Kigenart darin, daß man weder die materiellen Folgen der strafbaren Hand- 
lung noch das corpus delicti sichtbar darstellen könne. „Die publizierte 
Gedankenäußerung offenbart bereits fertig die kriminelle Tat ohne Rück- 
sicht auf den Erfolg, ohne daß sie eine materielle Veränderung der Außen- 
welt bewirkt“ (S. 91). Welchen materiellen Erfolg, welche Veränderung 
in der Außenwelt ruft denn z. B. eine Beleidigung hervor? Welche Ver- 
änderungen die Begehung der meisten Polizeidelikte ? 
Der Rest des hier im einzelnen besprochenen Abschnitts des Buchs 
enthält lange historische Betrachtungen über die Entwickelung der Preß- 
verantwortlichkeit, deren Besprechung nicht lohnt. 
Ein Gesamturteil über die besprochene Arbeit erscheint mir im Hin- 
blick auf die obigen Ausführungen nicht mehr notwendig. 
Frankfurt a. M. Dr. Franz Leyers.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.