Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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Aristokratie und opfere ihr die Freiheit des Volkes; die beste Garantie, die 
man von den Wählern verlangen könne, sei die Bezablung eines Zensus, 
der ein Vermögen, eine soziale Stellung repräsentiere, um anı Wohlergehen 
und Gedeihen der Gesellschaft interessiert zu sein. Die wesentlichen Be- 
stimmungen des neuen im Jahre 1893 beschlossenen Wahlrechts sind folgende: 
Zum Wählen in die Kammer und in den Senat ist berechtigt jeder männ- 
liche Staatsbürger, der das 25. — bei den Senatswahlen das 30. -- Lebens- 
jahr vollendet hat und seit mindestens einem Jahr in der gleichen belgischen 
Gemeinde wohnt. Der Wähler hat eine Doppelstimme, wenn er drei Be- 
dingungen auf sich vereinigt: das 35. Lebensjahr vollendet hat, Ehegatte 
ist oder Witwer mit legitimer Nachkommenschaft und dem Staat mindestens 
eine Steuer von 5 Frcs. auf Grund der Personalsteuer für Wohnungen oder 
bewohnte Gebäude bezahlt. Außerdem hat der Wähler Anspruch auf eine 
weitere Stimme, wenn er eine der folgenden Bedingungen erfüllt: Besitz 
von Immobilien in einem steuerpflichtigen Mindestwert von 2000 Fres., Be- 
sitz eines sonstigen dementsprechenden Einkommens, Bezug einer Rente 
von mindestens 100 Frcs. als Eigentümer einer Staatsschuldverschreibung 
oder eines belgischen Rentenbuchs der allgemeinen Spar- und Pensionskasse. 
Treffen die gesetzlichen Voraussetzungen für zwei weitere Stimmen bei 
einem Wähler zu, so ist ihm ein dreifaches Stimmrecht gewährt. Endlich 
stehen dem Wähler abgesehen von jedem Einkommen zwei weitere Stimmen 
kumulativ zu, wenn er sich in einem der folgenden Verhältnisse befindet: 
Besitz eines Hochschuldiploms oder eines bestätigten Zeugnisses über den 
Besuch einer Mittelschule höheren Grads ohne Unterschied zwischen Staats- 
und Privatanstalten, derzeitige oder vormalige Bekleidung eines öffentlichen 
Amts, derzeitige oder vormalige Bekleidung einer Stellung oder Ausübung 
eines Privatberufes, die eine gewisse höhere Bildung voraussetzen; im Wahl- 
gesetz sind die hieher gehörigen Aemter, Berufe und Stellungen im einzelnen 
aufgeführt. Nach einer ausdrücklichen Vorschrift der Verfassung kann 
niemals jemand mehr als drei Stimmen auf sich vereinigen. Zur Ab- 
stimmung ist der Wähler verpflichtet bei Vermeidung einer vom Friedens- 
richter zu verhängenden Strafe, die von Verweis und einer Geldstrafe von 
1—25 Frcs. bis zum zeitweiligen Verlust der Ehrenrechte einschließlich des 
Wahlrechts mit öffentlichem Anschlag des Namens des Schuldigen steigen 
kann. Bei der weiten Verbreitung und hohen Entwicklung der Industrie 
in Belgien wird das Urteil unseres Verfassers, die Pluralstimme in Belgien 
sei vor allem eine Ruralstimme, die Supplementärstimmen konımen nach 
dem Ausweis der Statistik in ziemlich fühlbarem Verhältnis häufiger den 
Landbewohnern als den Städtern zu, einigem Befremden begegnen. Im 
Jahre 1906/07 zählte Belgien 1603 268 Wahlberechtigte zur Kammer, die 
zusammen über 2513817 Stimmen verfügten. 
Am 1. August 1885 hatte König Leopold von Belgien den Mächten die 
Bildung des unabhängigen Kongostaates mitgeteilt, dessen Souverän
	        
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