— 5l3 —
Aufsätze.
Die Frage der Zerstörung neutraler Prisen
und ihre Erörterung auf der Haager und der
Londoner Konferenz.
Von
Dr. OsKAR TRAUTMANN K. Vizekonsul in St. Petersburg.
I. Die bisherige Rechtslage.
Die Zerstörung von feindlichen Prisen im Seekriege
ist zwar von einigen Schriftstellern des Völkerrechts, wie DE
BoEcK'! und KLEEN ? mißbilligt, ist aber als eine durch die Not-
wendigkeit des Krieges diktierte Ausnahmemaßregel in bestän-
diger Praxis ausgeübt worden. Im amerikanischen Unabhängig-
keitskriege, in den Kriegen von 1812—14, im amerikanischen
Sezessionskrieg wurde die Ausnahme sogar zur Regel. Es wurde
als eine verdienstvolle Handlung angesehen, ein Schiff zu ver-
senken, anstatt es erst in dem umständlichen Prisenverfahren
verurteilen zu lassen? Auch im Kriege 1870/71 ist von dem
ı DE BOEcK, de la propriete privee ennemie sous pavillon ennemi, 1882,
p. 290—306.
? KLEEN, lois et usages de la neutralite 1900, Bd. II, 8 213, 3.
° Die amerikanische Instruktion ging dahin ‚alle Prisen zu zerstören
mit Ausnahme von außerordentlichen Fällen, die offenbar eine Ausnahme
rechtfertigen“.
Archiv für öffentliches Recht. XXVI. 4. 34