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Zerstörung neutraler Prisen völkerrechtlich erlaubt sei. Kriege
berührte dann weiter die bis dahin noch nicht erörterte Frage
der Prisengerichtsentscheidungen, die zur Unterstützung der
englischen Ansicht angeführt werden. Er erwähnte, daß sowohl
Holland als Woolsey der Ansicht seien, daß die Prisengerichts-
entscheidungen die Zerstörung nicht vollkommen verbieten, son-
dern sie gegen Entschädigung gestatten. Der Redner betonte
ferner, daß es eine ganze Reihe von Völkerrechtslehrern gibt,
welche die Zerstörung neutraler Prisen für zulässig halten.
In der Begründung der zweiten These, daß die Zerstörung
vom militärischen Standpunkte notwendig sei, bekannte sich
Kriege zu den von Owtschinnikow und Behr vor ihm gemachten
Ausführungen. Behr hatte nämlich nochmals eindringlich auf
die militärische Unmöglichkeit hingewiesen, ein mit Konterbande
beladenes Schiff zum Feinde ziehen zu lassen ®°.
Krieges dritte These ging dahin, daß die Zerstörung für
den Eigentümer des zerstörten Schiffes keine allzu große Härte
sei. Betrifit die Zerstörung ein Schiff, das an sich der Weg-
nahme unterliegt, so verliert es der Eigentümer auf jeden Fall.
Ist aber ein unschuldiges Schiff zerstört, so wird dem Eigen-
tümer durch den Spruch des Prisengerichts volle Entschädigung
für Schiff und Ladung zu Teil. Bei einer internationalen
Gerichtsbarkeit insbesondere habe der Eigentümer nichts zu
fürchten ®'.
Ueber die Hollandschen Ausführungen hat sich in der Folge
zwischen Kriege und Sir Ernest Satow eine Debatte entsponnen.
Sowohl über den Inhalt der Hollandschen Briefe an die Times
als über die wahre Bedeutung der englischen Prisenurteile und
über Hollands Auslegung der Urteile bestand zwischen Kriege
und Satow Meinungsverschiedenheit. Sir Ernest ging in einer
6° Kod. p. 992.
61 Vertieft wurde dieser Gesichtspunkt in einer zweiten Rede Krieges
p. 1019.