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Für die katholische Kirche glaubt der Berichter-
statter hinsichtlich der äußeren, formalrechtlichen Ordnung die
Selbständigkeit der Kirche gegenüber der staatlichen Gesetz-
gebung behaupten zu können. Daß das Maß der kirchlichen
Freiheit hier ein größeres ist, trifft zu. Ein Irrtum aber ist es,
wenn der Berichterstatter meint, der Entwurf erhöhe dieses
Maß. Er unterschätzt die Bedeutung der Umlage für das kir-
chengemeindliche Leben, er unterschätzt auch die mit dem Um-
lagerechte unvermeidliche Intensität der Staataufsicht und schlägt
den Rückzug des Entwurfs vom System der Kuratel zu demje-
nigen der Staatsaufsicht zu hoch an.
Richtig ist also, daß dem geltenden Rechte nach schon jetzt
die protestantische Kirche in höherem Maße Staatsanstalt ist
als die katholische. Dieser Unterschied wird nach dem Ent-
wurfe beibehalten, er wird aber noch verschärft werden, wenn
der Gedanke des Berichterstatters, das Stiftungsvermögen der
gemeindlichen Verwaltung zu entziehen, durchdringen wird; denn
die protestantische Kirche scheint sich auf die Umlage weit mehr
angewiesen zu sehen, als die katholische.
Wäre nicht das Streben nach Macht über den Staat ein
von Haus aus verfehltes Streben der Glaubensgesellschaften, so
könnte doch von der Selbstbehauptung der katholischen Kirche
gegenüber dem Staate gelernt werden. Denn darüber ist kein
Zweifel, daß die katholische Kirche in Bayern zum Teil wohl gerade
durch den größeren Abstand, den sie von der Leitung des Staates
rechtlich einzuhalten weiß, tatsächlich über diese Leitung weit
mehr Macht besitzt als die protestantische. Die Zeichen dieser
Uebermacht sind zu bekannt, als daß es nötig wäre, sie hier an-
zuführen. Für beide Konfessionen aber bleibt es erwägenswert,
ob ihrem Leben als Glaubensgesellschaften das verstärkte
Einrücken des Staates, welches in ıhren örtlich-gemeindlichen
Sphären durch die Umlage sich vollzieht, für sie wünschens-
wert sei.