Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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die Engländer in politischen Dingen so oft das Richtige finden 
läßt. Renault hat in seinem beschreibenden Rapport der Kon- 
ferenzarbeiten mit treffenden Worten das Ergebnis der Ver- 
handlungen betr. die Zerstörung neutraler Prisen dahin charak- 
terisiert 100: 
„Man hat hier wieder einmal gesehen, daß einander ent- 
gegengesetzte scharfe Formeln nicht immer der Wirklichkeit 
entsprechen, und daß, wenn man nur gewillt ist, sich in die 
Einzelheiten zu vertiefen und zu den Anwendungsfällen selbst 
zu gelangen, sich häufig ein annähernd gleiches Verfahren her- 
ausstelll, obwohl man ganz entgegengesetzte Ansichten zu ver- 
treten schien. Um zu einer Einigung zu gelangen, muß man 
sich zunächst richtig verstehen, was nicht immer der Fall ist. 
So hat man gesehen, daß diejenigen, die sich für das Recht zur 
Zerstörung neutraler Prisen aussprachen, dieses Recht nicht nach 
Belieben und bei jeder Gelegenheit, sondern nur ausnahmsweise 
auszuüben gedachten, und daß umgekehrt diejenigen, die grund- 
sätzlich das Verbot der Zerstörung vertraten, zugaben, daß 
dieser Grundsatz in Ausnahmefällen zurücktreten müsse.“ 
Es bedurfte aber nicht bloß dieses hier mit Recht gerühmten 
esprit de conciliation, es bedurfte auch des „neuen Gedankens“, 
der vermittelnd auftreten konnte, um den Kompromiß zu schaffen. 
Dieser glückliche Gedanke hat den Altmeister Renault zum 
Vater, dem somit vor allem die Lösung dieser fast unlösbar 
scheinenden Völkerrechtsfrage zu danken ist. 
Wenn wir einen näheren Blick auf die Konferenzverhand- 
lungen werfen, so sind es die von den Anhängern und Gegnern 
des Versenkungsrechts in der Kommissionssitzung vom 15. Januar 
verlesenen Exposes, die Beachtung verdienen. Wie damals im 
Haag, begannen die Russen das Gefecht. Owtschinnikow resu- 
100 Deutsches Weißbuch, „Erläuterungen ztı den Ergebnissen der in 
London vom 4. Dezember 1908 bis zum 26. Februar 1909 abgehaltenen See- 
kriegsrechtskonferenz“ p. 67; Britisches Blaubuch p. 369.
	        
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