— 585 —
denselben Prinzipien aus wie dieser — erklärt sich aus der
starken sozialistischen Mehrheit der französischen Abgeordneten-
kammer und aus der großen Zahl von Mißbräuchen, die sich
im Laufe der Zeit bei dem bestehenden System gebildet haben.
Wie zur Zeit der Revolution von 1789 ist auch jetzt die
radikale Mehrheit von dogmatischen Erwägungen außerordent-
lich beeinflußt. Sie sucht theoretische Wahrheiten in Wirklich-
keiten zu wandeln, ohne der Wesensverschiedenheit der zu
reformierenden Zustände viel Rechnung zu tragen. Man hat
den Satz aufgestellt, daß wenn eine Vielheit von Menschen
einem andern untergeben ist, dieser nicht allein die Vielheit
betreffende Entscheidungen erlassen dürfe. Das mag seine
Richtigkeit haben für den Staat im Ganzen, denn dessen Zwecken
entspricht es nicht, daß das Staatsoberhaupt eine unbeschränkte
Einwirkungsmacht in die persönliche Lebenssphäre der Unter-
tanen hat. Dieser Satz mag auch für die früher autokratisch
regierten kleineren Organisationen industrieller Unternehmungen
gelten, denn hier kommt es nicht so sehr darauf an, daß die
Angestellten in einem gewissen Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber
stehen, als darauf, daß sie eine bestimmte Menge Arbeit von
einer bestimmten Eigenschaft liefern. Alles andere liegt außer-
halb des Rahmens des Anstellungsverhältnisses. Entspricht
dieser Satz aber auch dem Verhältnisse der Beamten zum Staat?
Die radikale Mehrheit der französischen Kammer meint, daß
wie die Arbeiter *? so auch die Beamten gegen Vergütung ihre
Kräfte einem Unternehmen widmeten. Dieses sei das wesent-
liche Merkmal der Beamtenstellung, es müsse also, was den
Arbeitern recht sei, auch den Beamten billig sein. Zwar wer-
den der Staatsautorität gewisse Konzessionen gemacht; in erster
Linie handelt es sich jedoch darum, konstitutionelle Prinzipien
in Gebieten einzuführen, die bisher autokratisch verwaltet worden
“ Vgl. darüber, daß man in Frankreich oft das Beamtenverhältnis als
ein mandat salarie ansieht, Anm. 9.