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Die Minister vereinigen sich im Ministerrat und im Kabi-
nett. „Dieses ist ausschließlich politisch, während jenem nur
Verwaltungsfunktionen zustehen“ (WıLson Nr. 419). Man muß
beide unterscheiden, besonders hinsichtlich ihrer Beziehungen zum
Präsidenten. „Im Ministerrate sind die Minister bis zu einem
gewissen Grade das Produkt seiner Schöpfung; im Kabinett sind
sie, gleichfalls bis zu einem gewissen Grade, seine Herren“
(WILSON Nr. 423). Sie sind eben nicht die Repräsentanten des
Präsidenten, sondern der Kammern. Als solche kontrollieren
sie nicht nur die Politik, sondern auch die Regierung. Ihr Amt
endigt auch nicht durch den Tod oder die Abdankung des Prä-
sidenten, der sie berufen hat. Vielmehr üben sie dann in der
Vereinigung als Ministerrat vorübergehend die oberste Staats-
gewalt aus (vgl. EsMEIN S.558). Sie haben mit andern Worten
eine Stellung aus eigenem Recht. Ihr Vorgesetzter ist nur das
Kabinett. Der Präsident spielt eine vollkommen passive Rolle
(DUPRIEZ 8. 351 ff.).
Die Minister und ihre Gehilfen, die Unterstaatssekretäre,
können im Gegensatze zu den andern Beamten '°° Abgeordnete sein.
Es gelten für sie besondere Vorschriften, wenn sie in Straf-
sachen als Zeugen vernommen werden (Code d’instruct. crim.
S8 5l4fl.). Der Justizminister erscheint überhaupt nicht als
Zeuge (a. a. O. 8 510). In gewissen Fällen werden sie vom Se-
nate abgeurteilt (vgl. Verf.Ges. 24. 2. 1875).
Sie setzen nicht nur die Listen für die Verleihung des Or-
dens der Ehrenlegion auf, wodurch sie tatsächlich die Auszu-
zeichnenden bestimmen, ihnen steht sogar selbst das Recht zu,
Würden zu erteilen: der Unterrichtsminister ernennt (decr. 24.
12. 1885) die officiers d’academie und die officiers de l’instruc-
tion publique. Der Landwirtschaftsminister verleiht den Orden
für Verdienste um den Ackerbau (deer. 7. 7. 1883).
100 Einige Beamte sind allerdings mit gewissen Beschränkungen wählbar.