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herrn aberkannten Adels zur Folge haben könnte, weil der auf
den Freispruch gestützte Glaube zur Befugnis nicht zu wider-
legen wäre.“ Das Reichsgericht verkennt hier die Bedeutung
des dolus eventualis. Denn liegt eine Entscheidung des Herolds-
amts bereits vor, die den Adel abspricht, so befindet sich der
Prätendent, der trotzdem das Adelsprädikat fortführt, regelmäßig
in dolo eventualii. Die Aeußerung der Adelsbehörde hat ihn
darüber belehrt, daß er den Adel zu Unrecht führe, und er muß
damit rechnen, daß das Gericht zu einem gleichen Ergebnis ge-
langt, und zwar gilt dies selbst dann, wenn in I, oder II. In-
stanz ein Freispruch erzielt worden ist. Hat aber das Herolds-
amt noch nicht gesprochen, so wird, selbst wenn ein Urteil des
Gerichts I. Instanz bereits vorliegt, auch hier bei Zweifelhaftig-
keit des Falles mit einer späteren Verurteilung gerechnet werden
müssen und daher auch hier regelmäßig Eventualdolus gegeben sein.
Das gewonnene Ergebnis läßt sich nach dem Vorstehenden
dahin präzisieren: Zwar ist in Adelssachen der ordentliche
Rechtsweg ausgeschlossen, sodaß über alle hierbei auftauchenden
Fragen dem König bezw. der von ihm delegierten Behörde die
unanfechtbare Entscheidung zusteht. Soweit aber solche Fragen
lediglich Inzidentpunkte in einem Rechtsstreit, mag er nun vor
das Forum des Zivil- oder des Strafrichters gehören, bilden, hat
die Aeußerung des Heroldsamts für den Richter nur die Bedeu-
tung eines unverbindlichen Sachverständigen-Gutachtens, ohne
daß jedoch der Richter eine Entscheidung in der Adelssache
selbst für sich beanspruchen kann oder darf.
Die Konsequenz hiervon ist — und hierin glauben wir dem
Heroldsamt unbedenklich beitreten zu dürfen — daß überall da,
wo ein Urteil bezw. Beschluß des Richters über den Rechts-
streit hinausreichen würde, also insbesondere in Frage der frei-
willigen Gerichtsbarkeit, eine Bindung des Richters an die Ent-
scheidung der kgl. preuß. Adelsbehörde einzutreten hat°?.
52 So auch das Kammergericht in seinem Beschluß vom 21. Mai 1908.