Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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herrn aberkannten Adels zur Folge haben könnte, weil der auf 
den Freispruch gestützte Glaube zur Befugnis nicht zu wider- 
legen wäre.“ Das Reichsgericht verkennt hier die Bedeutung 
des dolus eventualis. Denn liegt eine Entscheidung des Herolds- 
amts bereits vor, die den Adel abspricht, so befindet sich der 
Prätendent, der trotzdem das Adelsprädikat fortführt, regelmäßig 
in dolo eventualii. Die Aeußerung der Adelsbehörde hat ihn 
darüber belehrt, daß er den Adel zu Unrecht führe, und er muß 
damit rechnen, daß das Gericht zu einem gleichen Ergebnis ge- 
langt, und zwar gilt dies selbst dann, wenn in I, oder II. In- 
stanz ein Freispruch erzielt worden ist. Hat aber das Herolds- 
amt noch nicht gesprochen, so wird, selbst wenn ein Urteil des 
Gerichts I. Instanz bereits vorliegt, auch hier bei Zweifelhaftig- 
keit des Falles mit einer späteren Verurteilung gerechnet werden 
müssen und daher auch hier regelmäßig Eventualdolus gegeben sein. 
Das gewonnene Ergebnis läßt sich nach dem Vorstehenden 
dahin präzisieren: Zwar ist in Adelssachen der ordentliche 
Rechtsweg ausgeschlossen, sodaß über alle hierbei auftauchenden 
Fragen dem König bezw. der von ihm delegierten Behörde die 
unanfechtbare Entscheidung zusteht. Soweit aber solche Fragen 
lediglich Inzidentpunkte in einem Rechtsstreit, mag er nun vor 
das Forum des Zivil- oder des Strafrichters gehören, bilden, hat 
die Aeußerung des Heroldsamts für den Richter nur die Bedeu- 
tung eines unverbindlichen Sachverständigen-Gutachtens, ohne 
daß jedoch der Richter eine Entscheidung in der Adelssache 
selbst für sich beanspruchen kann oder darf. 
Die Konsequenz hiervon ist — und hierin glauben wir dem 
Heroldsamt unbedenklich beitreten zu dürfen — daß überall da, 
wo ein Urteil bezw. Beschluß des Richters über den Rechts- 
streit hinausreichen würde, also insbesondere in Frage der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit, eine Bindung des Richters an die Ent- 
scheidung der kgl. preuß. Adelsbehörde einzutreten hat°?. 
52 So auch das Kammergericht in seinem Beschluß vom 21. Mai 1908. 
 
	        
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