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systems, bei dem die Erhebung durch einzelne politische Ver-
bände erfolgt und es diesen ihrerseits überlassen bleibt, die
Steuern auf ihre Glieder zu verteilen und von diesen beizu-
treiben ?.
Ihrem ganzen Wesen nach sind die Matrikularbeiträge eine
Art von Alimenten. Da ihre Einführung die Abhängigkeit
des Empfängers von den Gebern nach sich zieht, bringen die
Matrikularbeiträge naturnotwendig eine finanzielle Schwäche und
Unselbständigkeit der Zentralgewalt zum Ausdruck.
II. Die Matrikularbeiträge im Ausland.
In diesem Zusammenhang ist es unnötig, ja zwecklos, die
sämtlichen ausländischen Systeme von Matrikularbeiträgen anzu-
führen. Es genügt, von den betreffenden Auslandsstaaten zwei
Typen herauszugreifen : Die Matrikularbeiträge in Oester-
reich-Ungarn, also in einer Real-Union, und die in
der Schweiz, also in enem Bundesstaat.
1. Für die gesamtstaatlichen Aufwendungen der
österreichisch - ungarischen Monarchie (Heerwesen, Auslandsver-
tretung usw.) dienen neben den privatwirtschaftlichen Einnahmen
und den Zollerträgen die Matrikularbeiträge der beiden
Reichshälften. Das ihrer Verteilung zugrunde liegende Verhält-
nis wird durch ein vom Kaiser zu sanktionierendes Ueberein-
kommen des österreichischen Reichsrats und des ungarischen
Reichstags von Zeit zu Zeit (gegenwärtig von 10 zu 10 Jahren)
festgesetzt ; wird mangels Einverständnisses zwischen den beider-
seitigen Volksvertretungen ein solches Uebereinkommen nicht er-
zielt, so setzt der Kaiser allein das Verhältnis fest, jedoch nur
auf die Dauer eines Jahres; das war z. B. 1897 und 1898 der
Fall infolge der parlamentarischen Wirren in Oesterreich. Wäh-
rend früher das Quotenverhältnis, der sogen. „Schlüssel“ für
? Vgl. EHEBERG, Finanzwissenschaft, 10. Aufl. 1909, S 115.