Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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greifung eines Verbrechers ist ein Preis ausgeschrieben ; es beteiligen sich 
mehrere an der Ergreifung; wie war nach ALR,, das eine dem $ 660 BGB. 
entsprechende Bestimmung nicht besaß, der Preis zu verteilen? . DOnATı 
antwortet: zu gleichen Teilen; weil es „logische Auslegungsregel“ sei, daß 
mehrere Gläubiger zu gleichen Teilen Gläubiger seien! 
Aber auch die „notwendige Lückenlosigkeit jeglicher Rechts- 
ordnung“ hat DoNnATI keineswegs erwiesen. Er betrachtet es als eine keines 
weiteren Beweises bedürftige „logische“ Notwendigkeit, daß der Gesetzgeber, 
der für bestimmte Fälle bestimmte Rechtsfolgen ausdrücklich anordne, sie 
damit für alle übrigen Fälle stillschweigend ausschließe. Wenn der Ge- 
setzgeber zum ersten Male zu einer speziellsten Spezialbestimmung den 
Mund auftäte, so regelte er also damit kraft logischer Notwendigkeit, mag 
er nun wollen oder nicht, das gesamte rechtlicher Ordnung überhaupt fähige 
Lebensgebiet! Eine stückweise Erzeugung der Rechtsordnung ist ihm un- 
möglich — er kann keinen Rechtssatz hervorbringen, ohne, nolens volefs, 
eine ganze Rechtsordnung zu schaffen! Demgegenüber ist einzuwenden, 
daß die Tragweite einer gesetzlichen Bestimmung lediglich von dem Willen 
des Gesetzgebers abhängen kann und daß ein Gesetzgeber zwar möglicher- 
weise, wie DOonATI will, konnte anordnen wollen, daß bestimmte Rechts- 
folgen nur in den ausdrücklich geregelten Spezialfällen eintreten sollten, 
ebensowohl aber auch nur anordnen gewollt haben kann, daß sie in diesen 
Fällen eintreten sollten, ohne sie für andere Fälle ausschließen zu wollen. 
An zweifellosen Beispielen solcher bewußt fragmentarischer Rechtsordnungen 
fehlt es bekanntlich, bis hinab zum heutigen englischen Recht, nicht. 
Gerade an den entscheidenden Stellen begegnen uns also in DONATIS Ge- 
dankengebäude auffällig schwache Träger. Es geht ihm, wie so oft formal- 
logisch hervorragend begabten Köpfen : der Denkfortschritt führt das ganze 
Interesse mit sich fort, bevor noch sein Ausgangspunkt hinreichend geprüft 
ist, und es entsteht ein System von feinster Verknüpfung der Teile, aber 
in seiner Gänze auf Sand gebaut. Das sei jedoch nicht unser letztes Wort; 
dies soll vielmehr ein Wort der Anerkennung sein für die redliche und 
unermüdet gründliche Denkarbeit Dowarıs. Es darf nach der Lektüre der 
ganzen Arbeit wiederholt werden, was ich nach Kenntnisnahme von ihrem 
früher gedruckten ersten Teile an anderer Stelle aussprach:: daß in DoNATI die 
freirechtliche Bewegung ihren bisher scharfsinnigsten Gegner gefunden habe. 
Heidelberg. GustavRadbruch. 
E. Roguin, Trait& de droit civilcompare. Le r&egime matri- 
monial. Paris Librairie generale de droit et de jurisprudence 19095. 
XVI und 920 S. 
Man darf von Ro@uın im internationalen Recht und in der rechtsver- 
gleichenden Darstellung immer ein Meisterwerk erwarten. Auch dieser Band 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVII. 1. 9
	        
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