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II. Auf diesem Gebiet liegt auch unsere Frage. Ganz allge-
mein: die elsaß-lothringische Frage. Die Politik eines Staats
gegenüber den im Staate wohnhaften größeren Massen von Men-
schen, die einer anderen Nationalität angehören, als die über-
große Mehrheit der Einwohner. Wenn man uns auch entgegen-
halten wollte, daß E.-L. doch nur wiedergewonnen ist und sei-
nem Wesen nach urdeutsch ist, so ist das wohl eine geschicht-
lich wahre Tatsache, aber tatsächlich ein Widerspruch mit den
bestehenden Verhältnissen. Das Reich hat in seiner ganzen Po-
litik auch stets diesen Standpunkt vertreten und die Entwick-
lung der Verhältnisse und der Ausbau der Organe lassen er-
kennen, daß man bemüht ist, nach außen möglichst den Anschein
der Parität zu erwecken, aber der innere Organismus zeigt dem
Kundigen die Richtigkeit unserer Ansicht. Zwar ist durch die
Aufhebung des Diktaturparagraphen ? im Jahre 1902 ein wesent-
liches Moment der Ungleichheit entfallen. Es bleiben aber noch
genug.
Mit all diesen Fragen ist die von uns gestellte Frage nach
der Stellung des Statthalters eng verknüpft. Diese spiegelt in
ihrer Entwicklungsgeschichte klar die Stellung E.-L.s wieder, und
wird auch wohl stets ein Gradmesser hierfür bleiben.
Dadurch aber, daß wir nicht nur von dem Statthalter als
dem Organ der elsaß-lothringischen Verwaltung sprechen wollen,
sondern von diesem in seiner Bedeutung für die elsaß-lothring-
sche Politik, gewinnt unsere Arbeit ein besonderes Moment.
Die Entwicklung bis heute soll uns die Bahn zeigen, auf der die
Aufwärtsbewegung E.-L.s sowohl wie seines jedesmaligen reprä-
sentativen Organes oder des dem heutigen Statthalter entspre-
chenden Organes vor sich ging. Die aktuelle Lage stellt das
Fazit einer Politik dar, und muß auf seinen wirklichen Gehalt
® Durch Gesetz vom 18. Juni 1902 Nr. 31 des Reichsgesetzblattes. Die
Geschichte der Aufhebung, sowie den Inhalt dieses Diktaturparagraphen
siehe $ 8 unserer Arbeit.