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diese Tatsache zu registrieren, wenn sich nicht daran eine Kontro-
verse knüpfte über die Person desjenigen, der diese Verordnungen
zu kontrasignieren hat und die es uns zur Pflicht macht, Stellung
in dem einen oder anderen Sinn zu nehmen ®%,
Wir haben oben schon Gelegenheit gehabt, einiges über die
Gegenzeichnung zu sagen bezüglich solcher, sich mit Landesan-
gelegenheiten befassender Gesetze, die auf dem Weg der Reichs-
gesetzgebung zustande kommen. Hier ist festgestellt worden, dab
nach der Natur unseres Staatsrechts die Gegenzeichnung sich
lediglich auf den formellen Teil des Gesetzes bezieht, daß der
materielle Inhalt der Gesetze garnicht in Frage zu ziehen ist:
weil zum formellen Gang der Reichsgesetzgebung der Reichs-
kanzler gehört, deswegen fiel ihm u. E. auch die Aufgabe zu,
zu kontrasignieren. Bei der Ernennung des Statthalters sowohl
wie bei der Uebertragung landesherrlicher Befugnisse handelt es
sich jedoch um eine Verordnung, die kaiserlicher Entschließung
entspringt, ohne den Apparat der Gesetzgebung passiert zu
haben. Die Verantwortung, die der Reichskanzler hier durch
eine Gegenzeichnung übernimmt, ist wirklich Verantwortung.
Denn bei dem Mangel jeglicher Kontrolle über den Inhalt kaiser-
licher Verordnungen ist die politische Verantwortung des Gegen-
zeichnenden das notwendige Korrelat. Bezüglich der Form er-
streckt sich die Verantwortlichkeit des Kontrasignanten darauf,
hung vom 20. Juni 1888 RGBl. S. 189. Verordnung von: 11. Dez. 1889 RGBl.
1890, S. 2, Verordnung vom 14. März 1893 RGBl. S. 137. Verordnung von
d. Nov. 1894 RGBl. S. 529. Die landesherrlichen Befugnisse des heutigen
Statthalters, des Grafen Wedel, beruhen auf der Verordnung vom 23. Nov.
1907 (RGBI. S. 719).
#3 Die Ansichten in dieser Kontroverse teilen sich, wie folgt: ARNDT
S. 747, Laranv Bd. Il, S. 229, Lzonı 8. 90, GroRG MEYER S. 432, Oro
MAYER S. 538, nehmen un, daß der Reichskanzler berufen sei, diese
Verordnungen gegenzuzeichnen. Man kann diese Ansicht als die herr-
schende bezeichnen. Anderer Ansicht sind ScHunzr, Staatsrecht S. 26 ff.
und CARL SCHULZE, Die staatsrechtliche Stellung des Statthalters von E.-L.
5.89,
Archiv des öffentlichen Rechte. XXVII. 2. ll