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Staatsrecht des ehemaligen deutschen Reiches’, wie auch im
partikularen deutschen Staatsrecht”’, Statthalter als Organe. Da
bezeichnen sie Stellvertreter einer fürstlichen, aber auch einer
nur obrigkeitlichen Person. Eine Analogie ist nicht möglich, da
eben rechtlich der Statthalter von E.-L. kumulativ beide Funk-
tionen in sich vereinigen soll. Bismarck sagte’® gewissermaßen
als authentischer Interpret dessen, was unter dem Begriff Statt-
halter gedacht war: „Ich halte es auch für notwendig, daß die
Landesteile einen bestimmten sozialen und politischen
Mittelpunkt haben und eine Behörde mit mehr Machtvoll-
kommenheit als der Oberpräsident, mit anderen Worten: ich
stimme für die Wiederherstellung einer Statthalterei mit
einem verantwortlichen Ministerium“. Damit war doch klar die
Statthalterei als der soziale und der politische Mittelpunkt E.-L.s
bezeichnet. Wie sehr aber gerade auf den politischen
Mittelpunkt Gewicht gelegt wurde, zeigt die Tatsache, daß mit
der gesetzlichen Festlegung der Möglichkeit der Uebertragung
landesherrlicher Befugnisse Aenderungen im Etat verbunden
waren, die nur zu verstehen sind, wenn man unterstellt, daß die
repräsentativ-landesherrliche Funktion ganz besonders zur Geltung
gebracht werden sollte ””., Stellt man den für den Reichskanzler
im Etat vorgesehenen Betrag den Summen gegenüber, die der
Statthalter zur Verfügung hat, so ergibt sich eine so namhafte
Differenz, daß die oben ausgesprochene Auffassung deutlich zu-
”ı „König Ferdinand von Böhmen“ war römischer kaiserlicher Majestät
Statthalter im Reych Teutscher Nation. Aus Jung, Beiträge zur Geschichte
der Reformation.
5 Vgl.88 8 und 9, Abs. II des Staatsgrundgesetzes für die Herzogtümer
Koburg und Gotha vom 3. Mai 1852,
7° Stenographische Berichte des Reichstags II. Session 1879, Bd. I,
S. 564 fl.
” Vgl. den unter dem 8. Juli 1879 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes
betreffend die Aenderungen des Reichshaushaltsetats und des Landeshaus-
haltsetats von E.-L. für das Etatsjahr 1879—1880.