Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 27 (27)

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gezogenen Bestimmungen des Stellvertretungsgesetzes sind aber 
durch & 4 zit. Gesetzes bedeutend modifiziert. Der Zweck beider 
gesetzlichen Bestimmungen ist derselbe: einen unter eigener 
Verantwortlichkeit tätig werdenden Stellvertreter zu schaffen. 
Allerdings bleibt hierneben noch der Statthalter in gleicher Weise 
verantwortlich, da die ihm durch dasselbe Gesetz gegebene Be- 
rechtigung, jederzeit in die Amtstätigkeit des Stellvertreters ein- 
zugreifen, negativ eine Verantwortlichkeit für die Unterlassung 
eines eventl. Eingriffs in sich schließt. 
Es knüpfen sich an diese Frage lebhafte Meinungsverschie- 
denheiten, die teilweise daraus entsprungen sind, daß seinerzeit 
Bismarck, als bei der Beratung des Stellvertretungsgesetzes von 
einer Seite die Aufnahme einer Bestimmung des Inhalts bean- 
tragt wurde, daß die Verantwortlichkeit auf den Stellvertreter 
übergehe ®, quasi die authentische Interpretation dafür abgab, 
daß selbstverständlich derjenige, der kontrasigniere, auch für das, 
was er kontrasigniere, allein verantwortlich sei. So bedeutend 
auch die Stelle ist, die eine solche Erklärung abgab, sie deckt 
sich nicht mit dem Inhalt des Gesetzes. 
Wenn jemand für einen Betätigungskreis verantwortlich sein 
soll, muß er auch notwendig volle Betätigungsfreiheit haben. 
Diese hat sowohl der Staatssekretär wie der jeweilige Vertreter 
des Reichskanzlers. Anderseits muß aber auch gelten: Wenn 
jemand das Recht hat, in jeder beliebigen Weise in einen Be- 
tätigungskreis einzugreifen, der quoad jus zu seiner Kompetenz 
gehört; wenn ferner diese Uebertragung einzig und allein auf 
die Behinderung zurückzuführen ist, eine politische Spaltung aber 
nicht nur nicht beabsichtigt ist, sondern sogar vermieden werden 
sollte, so muß doch logischerweise diesem Recht des Eingreifens 
eine Pflicht des Eingreifens entsprechen, da nur so die Einheit 
der politischen Leitung und eine richtige, den Intentionen hier 
85 Antrag Beseler und Genossen, vgl. JorL in HırrHs Annalen 1878 
S. 410 und RupoLpH Der Statthalter in E.-L. 8. 89.
	        
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